Wer macht mehr?

Wenn Paare Eltern werden, überlegen sich viele im Vorfeld der Geburt, die neu dazu kommenden Aufgaben möglichst gleichmäßig zu verteilen. Das ist prinzipiell ein guter Ansatz, denn die Veränderungen und gerade die mit der Ankunft eines Babys verbundenen Anstrengungen fordern Eltern. Unterstützung und Entlastung sind da umso wichtiger. Idealerweise verteilt sich das auf mehrere Schultern, aber heute haben Eltern oft nicht die unterstützende Großfamilie oder Freunde mit genug Zeit in der Nähe.

Viele Paare haben den festen Vorsatz, sich als Eltern quasi alles bestmöglich aufzuteilen. Nicht selten stellt sich einige Zeit nach der Geburt dann doch das Gefühl ein, dass es sich irgendwie „ungerecht“ anfühlt, dass der eine letztlich doch mehr tut als der andere. Und tatsächlich ist es auch phasenweise so, eben weil sich doch nicht alles an jedem Tag gleichberechtigt aufteilen lässt. Es ist am Ende einfach so, dass das 50/50-Modell in der Realität so gut wie nicht funktioniert, wenn man es sehr eng auslegt.

Heißt das jetzt aber auch, dass man damit leben muss, dass sich in einer Beziehung mit Kindern – aber durchaus auch schon vor einer Elternschaft – einer der Partner wesentlich mehr verausgabt als der andere? Hier ist die Antwort ganz klar nein. Denn die Gesamtbilanz sollte am Ende für beide stimmen. Aber diese Gesamtbilanz lässt sich nicht jeden Abend auswerten. Zumal die Arbeit mit vor allem kleinen Kindern ja auch am Abend und in der Nacht nicht vorbei ist. Belastung wird zudem immer auch individuell wahrgenommen. Und wer an einem Tag häufiger die Windel gewechselt hat, hängt wohl auch eher von der Ausscheidungsfrequenz des Kindes als von einem festen elterlichen Plan ab.

Wieder miteinander reden und etwas verändern

Das Gefühl, dass der eine mehr oder weniger macht, hängt sicherlich auch nicht von fest zugeteilten Aufgaben ab. Es ist also viel entscheidender, immer miteinander im Gespräch zu bleiben und regelmäßig zu überprüfen, ob sich der andere Partner jeweils noch wohl fühlt mit der momentanen Aufteilung, als detaillierte Listen darüber zu führen, wer mehr (und besser) staubsaugt. Der Job, mit dem das Geld verdient wird, ist Arbeit. Die Versorgung und Begleitung der Kinder ist ebenso Arbeit. Oft zudem die weitaus forderndere, gerade emotional. Und die Organisation eines Haushalts fühlt sich für die meisten Menschen auch eher nach Arbeit als nach Vergnügen an.

All diese Dinge hat eine Familie also zu erledigen – wer dabei was macht, ist eigentlich fast egal. Es sollte darauf geachtet werden, dass sich jeder mit seinem Tun möglichst wohl fühlt. Man muss nicht 24 Stunden am Tag dauerglücklich sein, aber insgesamt sollte es passen. Und wenn das nun nicht so ist? Wenn einer unglücklich wird mit seiner Situation innerhalb der Familie? Dann ist es wieder mehr als an der Zeit, miteinander zu reden und etwas zu verändern.

Als wir unser erstes Kind erwarteten, haben wir auch noch vorab geplant, wie wir Hebammenpraxis, Studium und Redaktionsjob mit dem Familienalltag unter einen Hut bringen. Letztlich war dieses Planen wohl nur wichtig, um ein gewisses Sicherheitsgefühl in und für Zeiten zu entwickeln, in denen sich alles ändert. Wirklich gehalten haben wir uns nie an diese Pläne – auch weil wir es nicht konnten. Der Alltag erforderte einfach immer wieder umzudenken, damit es uns allen gut geht. Das hieß (und heißt für uns bis heute) Pläne zu verwerfen, Sachen abzusagen oder etwas am Ende ganz anders als ursprünglich geplant zu machen. Oder auch zu entscheiden, dass es eine gute Idee ist, die Ersparnisse lieber in mehr Familienzeit und Erlebnisse als in einen Neuwagen zu stecken.

Ein gemeinsames Ziel verfolgen

Diese Entscheidungen sehen natürlich für jede Familie anders aus. Wer gerade ein Haus bauen will, setzt die Prioritäten sicher anders. Ich sehe es immer als großes Glück, wenn man ein Kind oder mehrere Kinder gemeinsam mit Partnerin oder Partner aufwachsen sehen darf. Wenn beide Eltern das Familienleben in seiner ganzen Bandbreite erleben! Die Möglichkeiten, etwas zu verändern, werden dadurch einfach größer. Dafür muss man aber wirklich miteinander reden. Immer wieder. Man muss sagen, wenn es einem nicht mehr gut geht mit dem eingeschlagenen Weg. Und einen neuen suchen. Das führt immer wieder auch zu Streit, zu Kontroversen. Aber im Idealfall zu neuen Erkenntnissen.

Das ist sicherlich wichtiger, als zu zählen, wer wie viel wovon auch immer gemacht hat. Oder wer diese Woche einmal mehr ohne Kinder unterwegs sein „durfte“. Als Familie ist es gut, wenn man ein gemeinsames Ziel verfolgt. Wie man das erreicht, kann ganz unterschiedlich aussehen. Genauso, wie es sehr unterschiedlich ist, was Menschen als Belastung empfinden oder auch nicht. Dieses Elternsein ist am Ende eben ein ständiger Entwicklungsprozess – das muss man „einfach nur“ erkennen und akzeptieren. Dann wird eine Chance draus!

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