Geburtsplanung: Status ungewiss

Tatsächlich denkt derzeit noch immer die Mehrheit der Menschen, mit denen ich über die aktuelle Hebammensituation spreche, dass das mögliche Aussterben des Berufs in Deutschland ein düsteres Zukunftsszenario ist. Und das bestimmt irgendwann und irgendwie am Ende alles gut wird.

Frauen, die jetzt gerade schwanger sind, macht das Ganze aus der persönlichen Not heraus natürlich mehr Sorgen. So hat eine mir bekannte, werdende Mutter heute ihre Bedenken der Techniker Krankenkasse mitgeteilt. Sie wollte von der Versicherung konkret wissen, ob ihre geplante Hausgeburt denn nach dem Scheitern der Verhandlungen zwischen Hebammenverbänden und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen überhaupt noch übernommen wird. Denn Fakt ist momentan, dass der noch bestehende Vertrag zum 30. Juni 2015 ausläuft. Entsprechend fiel die Antwort der Krankenkasse aus:

„Gerade bei der KK angerufen. Sie können mir gar nichts sagen, bis Ende Juni wird noch alles bezahlt – Vorsorge, Nachsorge und Geburt. Was danach ist, wissen sie nicht. Ich bin gerade ziemlich sauer und traurig – und fühle mich auch echt machtlos. Sie meinte, dass es sein kann, dass dann Hebammenleistung nur noch unter bestimmten Bedingungen bezahlt wird. Das kann es doch echt nicht sein, ich bin gerade echt stocksauer.“

Auch die Nachfrage einer anderen Schwangeren bei der DAK ergab ähnliches: „Er (Leiter einer DAK-Geschäftsstelle) hat jegliche Verantwortung auf die Hebammen gewälzt und auf die Haftpflichtversicherung. Es war eine sehr rege Diskussion, in der er natürlich sehr bemüht war, mich zu beruhigen. Er könne mir aber keine Zusicherung machen, dass die Geburt bezahlt wird…“

Keine düstere Zukunftsvision

Es sitzen also nicht nur die letzten verliebenen freiberuflich in der Geburtshlife arbeitenden Hebammen ohne Planungssicherheit da, sondern bereits jetzt bereits viele Mütter, die ihr Recht auf eine selbstbestimmte Geburtsortwahl längst verloren haben. Und wenn die Hausgeburtsskeptiker jetzt sagen, dann müssen die Frauen halt in die Klinik gehen, dort hätten sie ja mit einer Beleghebamme auch zumindest die gewünschte 1:1-Betreuung, das ist Unsinn. Denn: Es ist völlig utopisch, nur noch wenige Monate vor der Geburt überhaupt noch eine Beleghebamme zu finden.

Schwangere, die eigentlich gerade voller Zuversicht und guter Hoffnung sein sollten, werden bereits jetzt und heute belastet, weil sie nicht verlässlich wissen, wer sie durch die Geburt begleiten wird. Es ist also keine düstere Zukunftsvision, wenn morgen am 5. Mai – dem internationalen Hebammentag – viele Kolleginnen für einen Tag ihre Arbeit niederlegen werden. Es ist wahrscheinlich nur ein realistischer Ausblick auf das, was da kommen wird…

Darum wendet euch als Schwangere oder Eltern eines Babys gerne morgen bei allen Fragen rund um Schwangerschaft, Wochenbett, Geburt und Stillzeit schon mal an die Mitarbeiter und Hotlines eurer Krankenkassen. Dann bekommen diese vielleicht eine kleine Idee davon, wie ihre Zukunft aussehen wird.

Weiterführende Links:
Motherhood | Hebammen-Aktionen am 5. Mai | Hebammen für Deutschland e.V. | Happy Birthday e.V. | Aktuelle Petition bei change.org

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Kommentare

8 Antworten zu „Geburtsplanung: Status ungewiss“

  1. […] zurück, aber, besonders da ich irgendwann noch ein zweites Kind möchte, beschäftigt mich die Abschaffung der freiberuflichen Hebammen […]

  2. L
    Lisa

    Liebe Anja,
    ich hoffe du hast nichts dagegen, wenn ich hier Werbung für ein Crowd funding Projekt poste, aber das Thema ist einfach sehr passend. Hier die Kurzbeschreibung aus der Homepage des Projekts (https://www.startnext.com/die-sichere-geburt)

    „Ein Film über Deutschlands Geburtssituation. Wie wird in Deutschland geboren?
    Was macht eine Geburt sicher – maximale medizinische Kontrolle oder den-Dingen-ihren-Lauf-lassen?
    Ist die drohende Berufsaufgabe vieler freier Hebammen ein wägbares Risiko, oder haben wir schon heute zu wenig Hebammen?
    Hebammen, ÄrztInnen und ForscherInnen diskutieren Nutzen und Schaden von Pränataldiagnostik, Geburtsarten und -eingriffen im Hinblick auf Gesundheit von Mutter und Kind.“

    Vielleicht hast auch auf anderem Weg schon davon gehört?
    Ich hoffe sehr das Projekt kommt zustande und hilft dabei die Situation der Hebamen endlich zu verbessern!
    Danke für dein tolles Blog und viele Grüße!
    Lisa

  3. […] Anja Constance Gaca für Von Guten Eltern: Geburtsplanung: Status ungewiss […]

  4. M
    Marjolijn

    Mir hat die angeblich sachverständige Frau von der TK-Hotline heute gesagt, sie wisse nicht, ob meine für Juli geplante Geburt im Geburtshaus (!) übernommen werde. Ich gehe nämlich davon aus, dass mein Sohn wie mein Erster nicht einen Tag nach ET rauskommen will, die Familienhistorie lässt nur einen Schluss zu: es wird viel später. Das liege nicht in der Hand der TK, sondern des GKV, wurde mir geantwortet. Ich wollte daraufhin wissen, ob die TK nicht auch zu diesem Verband gehöre und ob sie den keinen Standpunkt hätte (die Ironie hat sie glaube ich nicht verstanden). Angeblich ruft mich jemand von der Hauptverwaltung zurück, bis jetzt rührt sich jedoch nichts. Ich bin so sauer, schwangere Frauen werden verunsichert und gerade von Klinikgeburten traumatisierten Schwangen tut das alles andere als gut! Und tatsächlich tun die meisten Leute so, als sei das alles kein Problem. Die paar Ökos, die nicht in die Klinik wollen….es ist schade, dass es in Deutschland keine Anerkennung für die enorm wichtige Arbeit der Hebammen und keinen Respekt für die wünsche und Sorgen der Schwangeren und Mütter gibt. Danke für deinen Block, Anja, er ist mir immer wieder Inspiration!

  5. I
    Ina

    Anja du hast so recht. Auch ich habe schon lange das Gefühl, dass es ERNST wird. Vor einem Jahr dachte ich noch – Ach quatsch, uns Hebammen passiert schon nichts – Keine Ahnung was da mit mir los war, aber jetzt sehe ich (und auch unsere Praxis) wie schlimm es wirklich ist. Seit Monaten müssen wir Frauen bereits im zweiten Schwangerschaftsmonat absagen, weil wir alle „ausgebucht“sind. Wir brauchen so dringend Kolleginnen um den ganzen Ansturm in unserem Bezirk bewältigen zu können, aber nichts da. Ein Jahr Daueranzeige und niemand! meldet sich. Ein Kollegin schliesst evtl Ihre kleine Praxis, weil sie keine Kolleginnen findet. Es ist schrecklich für die Frauen und uns Hebammen gleichermassen. Und dazu noch diese Gruselstorys aus dem Kreissaal, die wir auffangen. Was sollen wir tun?

  6. V
    Viv

    Was mich wirklich wütend macht als Hebamme, ist die Tatsache, dass es so wenige wirklich interessiert was da passiert.
    Wenn die Krankenkassen jetzt die Hausgeburt nicht mehr Zahlen wollen bei Termin Überschreitung und uns Hebammen ganz neue Vorschriften machen will wann wir was dürfen, was kommt dann als nächstes??
    Wird dann die Geburtshausgeburt auch nicht mehr bezahlt, oder wieder was an den Richtlinien für die Vor- und Nachsorge gedreht??
    Ich war lange Zeit in Elternzeit und wollte nach den Sommerferien wieder in meinen Beruf einsteigen. Zur Zeit überlege ich eher mich nach etwas anderem umzusehen und die Gleichgültigkeit der Menschen mit denen ich darüber rede, macht mich wirklich traurig und wütend.
    „Das wird sich schon, übertreib doch nicht gleich“ kann ich nun wirklich nicht mehr hören……

  7. T

    Und neben der Geburtsplanung ist es auch die Nachsorge – wie kann es sein, dass eine Frau mit ihrem ersten Baby schon Ende April nur noch für Dezember (!!!!) eine Nachsorgehebamme findet??? Wir reden hier nicht über das Sommerferien-Tief (das schon seit vielen Jahren viele Frauen betrifft) sondern von einem ganz normalen Monat unter dem Jahr.
    Es betrifft alle. Jetzt.

  8. M
    Mo

    Puhh, gruselig. Das macht mich so wütend. Und so gefühlt ohnmächtig.

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