Der Schmerz des Elterndaseins

Direkt nach der Geburt schweben die meisten Ersteltern auf einer fluffigen Wolke aus Wohlgefühl durchs Leben ob des wunderbaren Babys, dass da gerade ein Teil der Familie geworden ist. Gerade in den ersten Monaten ist so ein Baby meist kuschelig und anschmiegsam, schläft häufig viel und sieht ansonsten niedlich aus. Irgendwann lernt es zu krabbeln, dann zu laufen – und damit steigt die Gefahr. Welche Gefahr, darf man sich nun fragen? Nun… der Schmerz zeigt sie deutlich.

Mittlerweile weiß ich, dass es gelegentlich sehr weh tut, Vater oder Mutter zu sein. Denn Kinder werden zunehmend mobiler – und die Agilität sorgt für Ärger. Sobald das Kind nicht mehr an Ort und Stelle bleibt, wird man etliche Male darüber stolpern. Und meist auch nicht besonders elegant, weil man natürlich auf jeden Fall verhindern möchte, dass das Baby dabei verletzt wird. Ein weiterer Klassiker ist das Kind unterm Kinn. Hochgehüpft, während man Schuhe zubindet, Hosen anzieht oder sonstwas in Boden- und Kindsnähe tut. Gerne aber auch einfach beim gemütlichen Vorlesen auf dem Schoß. Den Knall hört bis oben in den Schädel, schreit innerlich oder äußerlich auf, muss dann aber gleich das Kind trösten, dass ja auch weint im Regelfall. Sehr gemein, aber unausweichlich.

Nicht nur schlafend wird man malträtiert

Überall im Alltag lauern solche Gefahren. Die Kopfnuss des taumeligen Sohnes, der sich schlaftrunken morgens neben einem im Bett wälzt – hoffentlich trifft die nicht direkt auf die Nase, sondern „nur“ an die Stirn. Nachts hatte der Kleine seine Füße in meinem Gesicht geparkt, kurz nachdem ich eine klatschende Backpfeife durch den sich herumwirbelnden Arm des träumenden Kindes kassierte. Aber nicht nur schlafend wird man malträtiert.

Auch beim Toben mit den Kindern lernt man zunehmend Augen und Weichteile besser zu schützen. Denn je ausgelassener, desto unkontrollierter sind ihre Bewegungen. Und ja, es haben schon Kleinkinder unbeabsichtigt ihren Eltern die Nase gebrochen. Lieb hat man sie trotzdem und bringt sich wohl deshalb immer wieder neu in Gefahr. Erst gerade hat mir die Neunjährige beim Minigolf aus Versehen den Schläger ins Gesicht geschwungen. Resultat: blutige Nase, zum Glück nicht gebrochen.

Auch tief fliegende Flummis prallen hervorragend am elterlichen Kopf ab. Die Ecke der aus der Kindeshand geflutschten schweren Literpackung Orangensaft bohrt sich böse in den großen Zeh. Wütend geworfene Plastikschaufeln sind kein Balsam fürs Schienbein. Holzstöcker werden entweder zur Stolperfalle oder zum pieksenden Laserschwert. Und natürlich ist quasi jeder Elternmensch schon einmal nachts auf einen Duplostein getreten. Schlimmer sind nur Legosteine. Böse sind auch Plastikzäune der Brio-Eisenbahn und die spitzen Feinheiten von Schleichtieren.

Schlimmer als Gegenstände oder tätliche Attacken sind nur Körperflüssigkeiten. Wem schon mal ein Baby angegorene Milch nach dem Stillen ins Auge gebrochen hat, der weiß, was ich meine. Das brennt, echt fies. Allerdings ist das Kleinkind da ja noch ein Baby. Und man selbst denkt, dass es die nächsten Monate dann ja besser wird. Stimmt ja auch, bis man dann auf den ersten Legostein latscht…

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Kommentare

8 Antworten zu „Der Schmerz des Elterndaseins“

  1. K
    Katrin

    Super Beitrag .. und so wahr. Ich habe Tränen gelacht!!

  2. J
    Johanna

    Als Mama war ich schon während der Geburt mit dem Schmerz des Elterndaseins konfrontiert, und auch mit dem weichen kuscheligen Ergebnis im Arm blieb das in Erinnerung. Kein Nasenstüber mit dem Hinterkopf, oder an den Haaren ziehen, oder mit dem Buch auf den Kopf hauen (um Mama zu wecken), kein Legostein ist rein physisch damit vergleichbar. Aber diesen weichen kuscheligen Wesen nimmt man den Schmerz noch nicht übel, während man sich von den etwas größeren, eckigeren Kindern sich vielleicht doch wünscht, sie würden besser aufpassen. Im Bett bestehe ich (wenn ich wach genug bin) schon auf einem gewissen Maß an Rücksichtnahme. Ich sage immer ich haue den Jungen ja auch nicht aus Versehen im Schlaf ins Gesicht. Aber manche Schmerzen sind anscheinend unvermeidbar 😉

  3. K
    Kim

    Hey, irgendwie kommt es mir ein bisschen ironisch vor, dass dieser Blogartikel mit den Worten „Gerade in den ersten Monaten ist so ein Baby meist kuschelig und anschmiegsam“, und der Schmerz komme erst später… zeitlich direkt vor einem Blogartikel zu wunden Brustwarzen erscheint 😀

  4. L
    leni87

    selten so gelacht….:) da gabs mal einen artikel, da hieß es: was ändert sich wohl alles mit dem 2. kind? unter anderem: mehr duplosteine, auf die man nachts tritt. wie wahr….

  5. M
    Melanie

    Ja wie war. Und die kleinen süßen Babys können sooo doll kneifen und in den Haaren ziehen. Habe schon über all blaue Flecken von dem kleinen Milchmonster und der 2 jährige fährt einem mit seinen Fahrzeugen über die Füße oder in die hacken.

  6. M
    Michi

    Mein Mann kennt seit einem halben Jahr, dank unserer Tochter, den medizinischen Ausdruck „rezidivierende Erosio „…
    Kleine Fingernägel im Auge können sehr schmerzhaft enden.

  7. J
    Jana

    Ach Danke , hab immer noch feuchte Augen vom Lachen 🙂

  8. E
    Elsbeth

    …. ich lag krank auf der matratze im spielzimmer und spielte mit meiner tochter kaufladen, „mama möchtest du noch getränke?“ … schmerzhaft schlug die kleine mir eine gefüllte glasflasche direkt unter das auge, das böse zuschwoll und blau und grün wurde … tage später ging mein sohn mit oma in den zoo und wuselte derart aufgeregt zwischen ihren beinen herum, dass sie stürzte …. meinem mann die von einem fahrradunfall bereits gebrochene nase nochmal angeschlagen, mama in die brust gebissen, papa zwischen die beine gesprungen ..

    kleonkinder tun tatsächlich mitunter weh 🙂

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