Nach müde kommt doof – und zwar richtig

Ein bisschen müde schleppen sich alle Eltern durchs erste Babyjahr. Und auch danach bekommen wir Eltern oft zu wenig Schlaf. Doch die meisten von uns kennen auch den Unterschied zwischen „nur“ etwas müde zu sein oder sich vom Schlafmangel wie erschlagen zu fühlen. Denn das ist ein großer Unterschied. Im ersten Fall denkt man noch, dass ein bisschen mehr Schlaf gut tun würde. Und man sich mit dem einen oder anderen Kaffee doch noch ganz gut durch den Tag schleppen kann. Der andere Zustand allerdings ist wirklich gefährlich. Und auch wenn man es sich vielleicht nicht eingestehen möchte, die meisten Eltern merken es doch recht deutlich, wenn der Körper am Limit ist, weil er zu wenig Regenerationsmöglichkeiten hat.

Richtiger Schlafentzug zeigt sich auf vielfältige Weise, die weit über tiefe Augenschatten und eine etwas erhöhte Reizbarkeit hinaus gehen. Die Muskulatur reagiert verzögerter und ungenauer, was auch das Unfallrisiko erhöht. Gerade mit Baby ist das ein wirklich gefährlicher Zustand. Auch ein Muskelzittern kann ein mögliches Symptom sein.

Richtiger Schlafentzug kann von Gedächtnislücken bis hin zu Halluzinationen auf der mentalen Ebene vielfältige Auswirkungen haben. Auch Aggressionen gehören dazu, was es wiederum für die Kinder gefährlich macht. Das Immunsystem wird geschwächt und bei dauerhaftem Schlafmangel steigt das Risiko für viele körperliche und auch psychische Erkrankungen an.

Bei Schlafentzug braucht der Körper Schlaf

Manche Nächte mit Kindern machen nicht nur ein bisschen müde, sondern lassen Eltern fast gar nicht schlafen. Und das lässt sich nur eine kurze Zeit lang kompensieren. Alle üblichen Tipps gegen Müdigkeit wie frische Luft oder irgendwelche kreislaufanregenden Getränke helfen nicht dagegen. Wenn der Körper so extrem unterversorgt ist mit Schlaf, muss der Betroffene schlafen. Gerade als Mütter neigen wir ja gerne mal dazu, uns wesentlich mehr zuzumuten als noch gut tut. Schließlich haben wir ein Kind in uns heran wachsen lassen und geboren… Da wird uns doch wohl ein bisschen Schlafmangel nicht umhauen.

Doch, das wird es! Denn der Körper braucht Schlaf und er zeigt deutlich, wenn er zu wenig davon bekommt. Wenn man sich also in so einer Situation befindet, braucht man nicht noch im Internet zu recherchieren, wie viel Kaffee in der Stillzeit noch okay ist. Man gehört ins Bett. Möglichst sofort. Das heißt, dass einem jemand das Baby möglichst sofort abnimmt. Auch wenn jetzt vielleicht viele sagen, dass das nicht so einfach möglich ist – das sollte es aber sein.

Denn richtiger Schlafmangel ist wirklich gefährlich, weil man dadurch irgendwann nicht mehr zurechnungsfähig sein wird. Und das ist gefährlich, für den Betroffenen selbst, aber auch für das Kind, was von ihm versorgt werden muss. Darum besteht auch akuter Handlungsbedarf – ganz egal, wie ungünstig die Situation gerade ist. Vielleicht heißt das, dass der Partner zu Hause bleiben muss oder man Menschen um Hilfe bitten muss, bei denen man das bisher noch nie getan hat. Doch es ist in einer solchen Krisensituation wahrlich „kein Luxus“, sich mitten am Tag hinzulegen. Es ist unbedingt notwendig und verantwortungsvoll, genau dies zu tun.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Autor.in dieses Beitrags

Beitrag veröffentlicht am

in

, ,

Von

Kommentare

6 Antworten zu „Nach müde kommt doof – und zwar richtig“

  1. L
    Lira

    Danke für den Artikel. Ich sage immer: Schlafentzug ist eine Foltermethode, und es tut nicht minder weh, weil man ein Kind hat. Wer es nicht erlebt hat, kann es sich nicht vorstellen…
    Eine Sache fehlt noch im Artikel, und zwar, dass man ja dann selber eine Schlafstörung bekommt… Und irgendwann schläft das Baby, aber man selbst nicht…

  2. A
    Anja

    Hallo liebe Eltern, insbesondere stillende Mütter,

    ich bin sehr froh auf diese Website gestoßen zu sein und teile gern meine persönlichen Erfahrungen zum Thema Schlaf(mangel) in der Stillzeit mit.
    Zunächst möchte ich mich bei den Müttern bedanken, die ihr Herz auf der Zunge tragen und sich trauen, die kritischen Themen in Schwangerschaft und Stillzeit anzusprechen. Frauen fernab scheinbar allgemeingültiger Glaubenssätze wie: ‚ Da müssen alle durch‘ oder ‚ Es kommen auch wieder bessere Zeiten‘ besser noch ‚Das habt ihr doch vorher wissen müssen‘.
    So ist das mit den wohl gemeinten Ratschlägen vom allzeit bestens informierten und hoch qualifizierten Umfeld. Ratschläge sind im besten Falle eben auch Schläge, getarnt mit guter Absicht.
    Ich bin Anja, zum ersten Mal Mutter einer 5 Monate alten Tochter, die ich voll stille.
    Auf die Frage meiner behandelnden Gynäkologin wie ich mich insgesamt fühle, fiel meine Antwort gleichbleibend zu der von vor gut einem Monat aus.
    Ich bin müde, fühle mich schlapp und erschöpft. Die nächtliche Versorgung gewährleiste ich im durchschnittlichen 3 Stunden Rhytmus allein, während mein Partner schläft.
    Aus meiner Sicht ist es alles andere als leicht ab Geburt des Kindes die Rolle des ‚Versorgers im Dauereinsatz’ zu übernehmen.
    Jetzt stehen logischerweise allein die Bedürfnisse des Kindes im Vordergrund, ungeachtet hormoneller Schwankungen und eigener Befindlichkeiten.
    Und gerade deswegen ist es wichtig, das eigene Wohlbefinden nicht aus den Augen zu verlieren.

    Jede Frau die voll stillt kann sicherlich den Wunsch nach einer Erholungsphase nur zu gut nachvollziehen. Einerseits ist das Vorhandensein von reichlich Muttermilch ein Segen und ebenso ein Fluch, bezogen auf den Wunsch einer längeren Schlafpause.
    Für mich ist Mutter-sein eine der größten Herausforderungen mit dem rückblickend größten Wachstumspotenzial.

    Es braucht viel Zeit, Geduld und vor allem LIEBE und SelbstVERTRAUEN für diesen Lebensabschnitt.

    Ich wünsche allen Müttern in dieser besonderen Zeit von Herzen viel Kraft und den Mut immer authentisch zu sein.

    1. S
      Sonja Münzberger

      Toll geschrieben! Ich fühle ganz genauso.
      Viele Grüße und Kraft aus Duisburg von Sonja, voll stillende Mama der 4 Monate kleinen Elis.

      🙂

  3. S
    Sarah

    Danke für den Artikel. Er hat mich „wach gerüttelt“ (haha). Sammle nun Schlaf, wo ich kann und schenke mir ab jetzt wieder den Fernsehabend mit schlummerndem Baby auf dem Schoß und Großer im Bett,
    schlafe lieber selbst.

  4. S
    Steffi

    Danke, dass du dieses Problem angesprochen hast! Oft wird darauf von Außenstehenden leider mit absolutem Unverständnis reagiert und bevor ich selbst Mutter geworden bin, hätte ich nie nie nie gedacht, was für absurde und gefährliche Ausmaße Schlafmangel annehmen kann! Bis vor kurzem habe ich das am eigenen Leib erfahren und die Auswirkungen haben mich richtig erschreckt: gerade nachts war ich teilweise kaum noch in der Lage mein Kind zu versorgen weil ich einfach nicht richtig wach geworden oder sogar im Stehen wieder weggenickt bin… Ich wurde regelrecht depressiv, war verzweifelt und hatte gefühlt null Impulskontrolle mehr- im Prinzip alles, was du als Auswirkungen beschreibst.
    Nach rund 6 Wochen Pumpstillen, die ersten 3 davon mit Frühchen im Krankenhaus, dann zu Hause, haben mich fast aufgeben und mit Industrienahrung füttern lassen, um endlich von der elenden Pumperei loszukommen und wieder schlafen zu können. Niemand außer meinem Mann und meine Hebamme haben verstanden warum ich mich „deswegen so anstelle“.. „Schlaf doch wenn das Kind schläft“, war leichter gesagt als getan wenn man in der Zeit erstmal abpumpen muss.. Zum Glück hat der Absprung zum Vollstillen super geklappt und obwohl wir uns noch richtig einspielen müssen, und mehr als eineinhalb Stunden Schlaf am Stück Luxus sind, ist es soo viel besser geworden.
    Ich habe allerhöchsten Respekt vor allen Mamas und Papas, die solche schwierigen Phasen meistern! Diese Erfahrung hat mir zum ersten Mal in meinem Leben gezeigt, wie wichtig es ist auf sich selbst zu achten. Denn du hast recht: Kinder sind, besonders wenn sie noch sehr jung sind, absolut abhängig. Und wenn es soweit kommt, dass man sein eigenes Kind nicht mehr richtig versorgen und umsorgen kann, gehört man allein schon zum Wohl des Kindes schlafend ins Bett!

  5. N
    Nadine B.

    Danke für den Artikel…da muss ich schier weinen…einfach Danke fürs aussprechen…wir waren mit diesem ‚Problem‘ so allein…und wenn man bedürfnisorientiert lebt…tja…wollt ihr ja so. Drei Schätze…einmal ganz schlimm ( puh…der Erste-Glück….)…alles keine Schläfer…gefühlt fehlen Jahre Schlaf…aber trotzdem drei Kinder…jipp…Herz über Verstand….alles Liebe euch…Danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert