Meine Hebamme oder Stern TV haben gesagt…

„Wenn sich die Mutter bei der Erziehung ihres Säuglings ganz von ihrem Instinkt und ihrer Liebe zu ihm leiten ließ, so würde sie sich wahrscheinlich weit mehr und zu anderen Zeiten um ihr Kind kümmern. Welche junge Mutter möchte nicht gern nachts sofort ihr Kindchen aus dem Bett nehmen, wenn es schreit, es an die Brust anlegen oder wenigstens trockenlegen? Wer möchte nicht gern so oft wie möglich am Tage mit seinem Kinde spielen? Der Säugling würde dabei mit Gewissheit Schaden leiden.

Zum großen Kummer der Mutter würde dieses Kind sehr bald ein schlechtes Gedeihen zeigen, trotz aller sorgfältigen Pflege und einer altersentsprechenden Ernährung. Es würde blass und appetitlos werden und sehr oft erbrechen. Wenn es nicht sofort seinen Willen bekäme würde es wütend und ungeduldig schreien. Es könnte durch das Schreien sogar Wutkrämpfe bekommen […] Der Säugling kann sich dadurch zum Haustyrannen entwickeln, die übrigen Familienangehörigen und der Haushalt werden nur ungenügend versorgt, weil die Mutter schließlich nur noch für den Säugling da sein muss.“

Als meine Freundin vor knapp 40 Jahren geboren wurde, hat man ihrer Mutter im Krankenhaus das Buch „Mutter und Kind – ein praktischer Ratgeber“ aus dem Bertelsmann Verlag von 1971 (Erstauflage 1956), geschrieben von Dr. med. Hannah Uflacker, in die Hand gedrückt. Darin steht wirklich alles, was man über die „Aufzucht“ von Babys wissen muss. Auch die gerade zitierte Passage.

Aber das Buch verspricht auch Abhilfe, wenn dieser Zustand – verursacht durch eine vermeintliche Fehlerziehung – dann eingetreten ist.

„Ist er erst einmal fest eingefahren, so erfordert es oft eine monatelange Behandlung in einem gut geleiteten Kinderheim oder einem Kinderkrankenhaus, um die Folgen dieser fehlerhaften Erziehung auszumerzen.“ Das Buch ist seitenweise voll mit grausamen Empfehlungen wie: „Gewiss kann und darf die Mutter, insbesondere im 2. Lebenshalbjahr, mit ihrem Kinde einmal spielen, aber immer nur im Zusammenhang mit den Pflegemaßnahmen (Trockenlegen und Füttern). In den Zeiten dazwischen soll sich das Kind in seinem Bettchen und später in seinem Laufställchen selbst überlassen bleiben.“

Gegen das Gefühl der Eltern und die Bedürfnisse des Kindes…

Natürlich denkt man jetzt vielleicht, Empfehlungen dieser Art sind lange her und so denkt doch heute niemand mehr. Aber wenn man sich Bücher wie „Jedes Kind kann schlafen lernen“ anschaut, wird man erschreckend viele Parallelen feststellen. Teilweise empfohlen von Leuten, mit denen vielleicht genauso wie eingangs beschrieben als kleines Kind umgegangen wurde und die dies scheinbar sogar als artgerechtes Verhalten betrachten. Mittlerweile weiß man so viel über die Auswirkungen von Stress auf Babys – ja, ganz alleine und ohne Resonanz schreien zu müssen ist großer Stress für ein Kind. Die Bindungsforschung hat längst belegt, wie wichtig verlässliche Eltern für die Bindungssicherheit der Kinder sind.

Trotzdem läuft dann im Jahr 2013 bei Stern TV auf RTL ein Bericht, der das längere Alleinlassen eines schreienden Kindes als Therapie für ein Schreibaby zeigt. Die dort gezeigte Mutter darf erst wieder zu ihrem kleinen Baby, wenn es von selbst aufgehört hat zu weinen. Eltern, die ein „Schreibaby“, also ein Kind mit hohen Bedürfnissen haben, sind ohnehin schon sehr verunsichert in ihrer Elternrolle und in ihrer Verzweiflung auch oft sehr empfänglich für Empfehlungen aller Art.

Aber derartig gegen das Gefühl der Eltern und die Bedürfnisse des Kindes zu handeln, das kann und darf kein Weg sein, der auch noch von „Experten“ empfohlen wird. Die in dem Bericht zu Wort kommende Mitarbeiterin einer Schreiambulanz, eine Sozialpädagogin, ist für diese verzweifelten Eltern nun mal die Expertin. Nie wieder sind Menschen so leicht empfänglich für Empfehlungen, wie in der Zeit des Elternwerdens. Das weiß die Werbeindustrie und das wissen auch alle anderen, die mit Kindern arbeiten.

Gegen das Bauchgefühl handeln

Sätze beginnend mit „Meine Hebamme hat gesagt…“ lassen sich wahlweise austauschen mit „Mein Kinderarzt, mein Gynäkologe, mein Osteopath, meine Schreibabytherapeutin hat gesagt…“

Eltern vertrauen gerade in anstrengenden Situationen darauf, was die Experten sagen. Dies ist eine enorm hohe Verantwortung, die nicht dazu genutzt werden sollte, brachiale Methoden überzustülpen. Und ja, es ist brachial, einem Baby mit hohen Bedürfnissen durch Schreien lassen ohne Begleitung dieses „abgewöhnen zu wollen“. In dem gezeigten Bericht wurde den Eltern vermittelt, das Schreien sei ihre Schuld, weil sie das Kind zu oft hochnehmen oder füttern. Ganz ähnlich wie in dem eingangs zitierten Buch. Eine Entlastung der Eltern, Tragen, Entspannungstechniken, eine Bearbeitung der traumatischen Geburt, Arbeit an der Eltern-Kind-Beziehung – all diese Punkte sind somit scheinbar erst gar keine Option.

Wie schön wäre es im Leben mit Kindern, wenn es immer eine ganz einfache Lösung gäbe? Aber das ist nur selten der Fall, weil wir es mit Menschen und nicht mit defekten Autos zu tun haben. Wenn man das Kind immer wieder alleine schreien lässt, gibt es wahrscheinlich irgendwann resigniert auf. Gelernt hat es dabei aber nur, dass es nichts bringt, zu schreien, weil ohnehin keiner kommt. Und die Eltern haben höchstens gelernt, gegen ihr Bauchgefühl zu handeln.

Alle wollen das Beste für ihr Kind

Genauso werden uns unsere größeren Kinder irgendwann nicht mehr um Hilfe bitten, wenn wir sie immer wieder wegschicken. Ja und dann hat man plötzlich mehr Zeit für den Haushalt, den Job, zum Mails checken oder was auch immer. Aber ist es das, was das Leben mit unseren Kindern ausmacht? Erinnere ich mich später an die gemachte Wäsche und die aufgeräumte Wohnung oder doch daran, wie wir zusammen hundertmal das Schleifebinden geübt haben und wie stolz das Kind war, als es dann endlich klappte? Kinder kosten Zeit und Kraft und Nerven – aber es ist und bleibt wahrscheinlich die sinnvollste Investition überhaupt.

Wenn unsere Kinder am anstrengendsten sind, brauchen sie uns in der Regel am meisten und wir Eltern brauchen Menschen, die uns unterstützen. Auf dem eigenen und individuellen Weg. Darum wird kein Handbuch und kein Experte letztlich wissen, was gerade genau gut für uns und unsere Kinder ist. Aber wenn sich Empfehlungen dermaßen gegen das mütterliche (und natürlich auch väterliche) Grundgefühl zum Kind richten, sollte man die Expertentipps sehr genau unter die Lupe nehmen.

Mehr als starre Mahlzeiten

Denn: Babys und Kinder brauchen mehr als starre Mahlzeiten und routinierte Körperpflegemaßnahmen. Gerade das ist aber auch der Part, der das Leben mit Kindern bunt, schön und nie langweilig macht. Elternratgeber und Fachleute können wertvolle Denkanstöße geben, wenn uns unsere Kinder an eigene Grenzen bringen oder wir einfach unsicher sind. Sie sind aber niemals kompetenter für unser Kind als wir selbst.

Auch bei mir in meiner Arbeit als Hebamme müssen die Eltern mitdenken. Natürlich gibt es zu vielen Babythemen mittlerweile evidenzbasiertes Wissen – zumindest solange, bis jemand die Gegenthese nebst passender Studie erhebt. Aber machen wir uns nichts vor: Im Elternalltag geht es ständig um Entscheidungen. Das fängt in der frühen Schwangerschaft an, wenn es um die Pränataldiagnostik oder die Geburtsortwahl geht. Und es wird wohl nicht enden, bis das Kind volljährig zumindest juristisch seine komplett eigenen Entscheidungen treffen darf.

Die Idee, die alle Eltern in ihrem Tun treibt, ist immer die Gleiche. Alle wollen das Beste für ihr Kind. Am besten wir hören dabei auf unser Herz und unser Kind, dann haben schlechte Bücher und TV-Beiträge am wenigsten Einfluss. Die Mutter meiner Freundin hat den praktischen Babyratgeber von 1971 übrigens auch weitestgehend ignoriert – alles richtig gemacht – und das schon damals.

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Kommentare

19 Antworten zu „Meine Hebamme oder Stern TV haben gesagt…“

  1. M
    Magda

    Auch, wenn der Blogeintrag alt ist: Danke für diesen Artikel!

    „Mutter und Kind“ steht auch bei uns noch im Büchergiftschrank in der Ausgabe von 1959, zum Glück für meinen Bruder und mich hat meine Mutter 20 Jahre später auf ihr Gewissen gehört und die schwarzpädagogischen Ratschläge ignoriert. Zu Dr. Uflacker habe ich dies gefunden, denn die wenigen Seiten, die ich selbst bisher gelesen habe, ließen mich ob der dahinterliegenden Ideologie stutzig werden:

    Zitat: „Hannah Uflacker arbeitete bis 1944 als Assistenzärztin an der Universitätskinderklinik Leipzig und der dortigen „Kinderfachabteilung“. 1948 erhielt sie ihre Facharztanerkennung für Kinderkrankheiten und trat 1960 eine Stelle in der jugendärztlichen Abteilung des Gesundheitsamtes Hannover an. Im Rahmen des Verfahrens gegen Hans Heinze gestand sie, fünf bis sechs Kinder getötet zu haben. Daraufhin erging Anfang 1964 Haftbefehl gegen sie. Ende 1964 wurde sie jedoch aufgrund der Verjährung ihrer Taten wieder aus dem Gefängnis entlassen. 1965 regte der Regierungspräsident von Hannover den Entzug ihrer Approbation an, woraufhin sie Selbstmord beging (vgl. S. 54-55).“ (Link) Und noch ein Link.

    Dass dieses Buch weiterhin ohne entsprechenden Warnhinweis und historische Einordnung auf den Markt kam, ist eigentlich ein Skandal… und die Kontinuität der Schwarzen Pädagogik vom Kaiserreich über die NS-Diktatur bis weit in die Gegenwart erschreckend.

    Zu Thematik selbst:
    Ich habe viele Bücher gelesen und viele NICHT, und ich habe auf mein eigenes Gewissen, meinen Verstand und meinen Bauch gehört, wenn es ums Schlafen, Essen, Kuscheln, Gönnen oder Nichtgönnen ging, ein Kind ist ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen, und diese können in den ersten Jahren nicht ohne Hilfe anderer Menschen befriedigt werden. Und ganz grundsätzlich gilt für mich: Meinen weinenden Partner, Freund, Bruder… tröste ich, nehme ich in den Arm, halte ich, bis er schläft – also doch verdammt nochmal auch wohl mein Kind! Und alles das, was ich mir und jedem/jeder Erwachsenen zugestehe an Gefühlen, Wünschen, Kompetenzen, Gedanken, das gestehe ich auch jedem Nichterwachsenen zu. Und wenn ich um Hilfe rufe, soll auch jemand kommen, warum also soll ich mein Kind schreien lassen? Das stärkt die Lunge und stählt den Charakter, oder was? Ja, das nervt manchmal ganz furchtbar, dann hilft Durchatmen, ein Glas Wasser und dann rein ins Getümmel. Kinder haben Rechte. Also, lieber Korczak lesen, der war schon 1920 weiter als die heutigen autoritären Pädagog*innen und Ratgebenden, und dann einfach machen.
    Und ja, auch ich habe Bedürfnisse, mein Kind kam lange zu mir/uns ins Bett, so konnten wir beide schlafen, ganz ohne Stress. Keine Sorge, irgendwann sagt es dann, dass es das nicht mehr braucht und dann ist gut. 🙂

  2. S
    Stephanie

    Mir kommen fast die Tränen wenn ich das lese, wie grausam das ist Babys schreien zu lassen!
    Wir haben 3 Kinder und jedes war auf seine weise, anders aber weinen mussten sie nie allein…wir waren immer da und wir haben unsere Babys getragen bis sie laufen konnten auch darüber hinaus….. Verwöhnt wurden sie und das ist heute noch das aller schönste daran sich zu erinnern wie sie auf dem Arm im Tragetuch geschlummert haben . Bei unserer dritten Tochter gab es nicht mal einen Kinderwagen. Ich will hier allen Mut machen lebt euren Instinkt gebt eurem Gefühl Raum und handelt nach dem bauchgefühlt lebt in Achtsamkeit mit euren Kindern. Babys kann man nicht verwöhnen sie haben ein Bedürfnis nach Nähe , liebe und Geborgenheit.

  3. S
    Simone

    da zappe ich grade in die Sendung „Mütter am Limit“ auf Sat1 rein: Da erzählt diese Helferin der Mutter, daß ein 8 Monate altes Kind REgeln braucht und es lernen soll, alleine einzuschlafen… also hinlegen, rausgehen und weinen lassen!!!!! und diese veraltete Methode im TV, ich bin etwas erschrocken, das glauben doch jetzt wieder alle unerfahrenen bzw. unsicheren Eltern, daß das der einzige Weg ist 🙁

  4. U
    Ulrike

    meinte natürlich die Tina!

  5. U
    Ulrike

    @Christina: also was denn jetzt- lassen Sie das Kind „maulen“ oder „schreien“?
    Ich finde es furchtbar dass diese beiden Lautäußerungen in dieser Diskussion gerne in einen Topf geworfen werden wodurch allen Eltern die sich liebevoll zuwenden das Gefühl vermittelt wird „du springst ja bei jedem Pieps“. Eltern wissen genau wann ihr Kind um Hilfe ruft und wer sich entschließt diese Rufe zu ignorieren braucht das auch nicht zu verharmlosen oder zu verniedlichen. Struktur, Abläufe und Rituale sind zweifelsohne gut ersetzen aber niemals liebevolle Zuwendung.

  6. T
    Tina

    Ich bin durch NIDO auf diesen Blog gestossen und finde den Blog sehr gut die Artikel immer interessant. Vor 8 Wochen bin ich selbst Mutter geworden.

    Zu diesem besonderen Artikel, weil es mir nicht aus dem Kopf will:
    Ich lasse mein Baby schon ab und zu schreien. Insgesamt ist er ein sehr entspanntes Baby, aber ich laufe nicht jedes Mal zu ihm, wenn er Geräusche von sich gibt. Manchmal mault er einfach nur rum, weil er nicht schlafen will, aber echt müde ist. Dann lasse ich ihn liegen. Nach 5 Minuten gibt sich das meistens auch wieder. Ich glaube , dass Babies bereits in diesem Alter schon mitbekommen, wie man manipuliert. Wenn er weint, ich beuge mich in den Kinderwagen und lächle ihn an, lächelt er zurück! Da wollte er doch wirklich nur Aufmerksamkeit. Quengelschreien lässt sich ja gut erkennen (satt und frisch gewickelt). Wenn er durch sein Schreien zum Beispiel den Schnuller verliert, beruhigt er sich meist, in dem er sich die Hand in den Mund steckt. Er lernt doch so, dass er sich auch selbst beruhigen kann.
    Ich stille nicht und seine Fläschchen bekommt er eigentlich immer um die gleiche Zeit (er meldet sich automatisch), er hat da einen schönen Rhythmus.
    Ich bin selbstständig, war in keinem Geburtsvorbereitungskurs und ich lese zeitbedingt keine Ratgeber. Mein Instinkt hat mir gesagt, dass das Baby einen geregelten Tages/Nachtablauf braucht (den bekommt er durch die Fütterungszeit) und dass es ruhig mal schreien kann.
    Gut, ich habe definitiv kein Schreibaby, aber der Text gilt doch auch für „normale Babys oder?

    1. L
      Lea

      Auch wenn der Beitrag schon 5 Jahre alt ist, aber auch „weil es mir nicht aus dem Kopf will“ und weil ich so Haarsträubendes nicht unkommentiert lassen will:

      „Ich glaube , dass Babies bereits in diesem Alter schon mitbekommen, wie man manipuliert.“ > Nein, ganz sicher nicht. Ein so kleines Baby hat mit am-Leben-bleiben und diese-Welt-kennenlernen echt besseres zu tun, als die bekloppten Machtspielchen und Tricksereien der Erwachsenenwelt zu übernehmen. Wie traurig, dass man ihm sowas überhaupt zutraut. Aus der Gehirnforschung weiß man außerdem längst, dass Kinder noch bis sie 4 sind nicht wirklich manipulieren und lügen *können*…

      „Wenn er weint, ich beuge mich in den Kinderwagen und lächle ihn an, lächelt er zurück! Da wollte er doch wirklich nur Aufmerksamkeit.“ > Ähm ja, genau, dein acht Wochen (!) altes Kind will sich der Aufmerksamkeit seiner primären Bezugsperson versichern und freut sich, wenn er sie bekommt. Daraus kannst du ihm jetzt aber nicht ernsthaft einen Vorwurf machen?!

      „Quengelschreien lässt sich ja gut erkennen (satt und frisch gewickelt).“ > Klar, außer Hunger und ner vollen Windel gibt’s auch nichts, was so ein Kind eventuell quälen könnte… Dein Mangel an Empathie schockiert mich!

      1. I
        Isa

        Sehe ich ganz genauso Lea! Egal wie alt der Artikel ist, mir hat es sich in der Seele leid getan was Tina geschrieben hat bzw. gemacht hat.
        Hat den Artikel wohl null verstanden, sehr traurig.

  7. J

    Lieber Eltern,
    Liest euch nicht so viel ,lässt eure Innere Stimme sprechen .Die Babys weinen ,die können nicht sprechen,trägt euer Kinder so lange so lange die von alleine laufen.Das was Du machst das machst Du gut, nur mal eben Anders !LG

  8. K
    Katja

    Ich habe mir gerade den Bericht noch mal angesehen. SCHRECKLICH! Das schreiende Baby lag allein auf so ner Krabbeldecke unter so nem Spielbogen oder allein in seinem Bettchen. Na, da würde ich auch weinen. Nehmt das Kind doch mal hoch. Tragt es mit Euch rum! Das arme Schnuppelchen lag auch nicht wirklich glücklich in seinem blöden Kinderwagen am Ende des Berichts. Liebe Mamas und Papas hört wirklich auf Euer Bauchgefühl! Ach ja und der Ratschlag, beim Füttern alle anderen Reize abschalten wie TV und Radio oder mal im Park spazieren gehen statt im Einkaufszentrum. Haben die das denn dauernd gemacht vorher? Dann muss man sich auch nicht wundern…

  9. K

    hmmm… sehr konträres Thema….
    Ich bin Tag und Nacht mit meinen Kindern zusammen gewesen. Als Alleinerziehende vom fast ersten Tag an bleibt einem ja auch nichts anderes übrig… ich habe stundenlange Spaziergänge unternommen, non stop gespielt und geknuddelt, Nachts immer sofort aufgestanden, weil in den wenigen Monaten, in denen ich mit dem Vater meiner Kinder zusammen gelebt habe, er partous immer von den Babys genervt war und mich gleich zur Sau gemacht hat, wenn einer der beiden geschrien hat. Ich habe meine Jungs nachts gewickelt, rumgetragen, besungen und ihnen bis zu 7 mal die Milchflasche (pro KIND) gegeben….Hauptsache sie sind ruhig! bloß nicht schreien! bloß kein Stress mitten in der Nacht! Aber das wurde dann mit 8 Monaten nicht besser und mit 1.5 Jahren war ich dann bis zu 28 mal die Nacht auf den Beinen um den nächtlichen Standart meiner Söhne zu bedienen. Tatsache ist: ihnen fehlte nachts nichts. sie waren gesund, sie waren trocken, hatten ihre kuscheltiere, schnuller. alles in ordnung…. mein instinktives Bedürfnis war zu diesem Zeitpunkt nachts um 2 Uhr: „Haltet einfach die Klappe! Ich will schlafen!“ Mein Bauchgefühl wollte nicht voller Sorge aufspringen und kleinkinder von 14 kg stundenlang durch die wohnung tragen , er wollte nicht Milchflaschen richten. Mein ganzer Körper und Geist wolten RUHE und SCHLAF. Und ich habe „jedes Kind kann schlafen lernen“ gemacht. Weil ich ja meinem kind auch gezeigt habe, wie schlafen nicht geht, indem ich ihm nie nie nie die Möglichkeit gegeben hatte mal auch nur 2-3 minuten vor sich hin zu quängeln und dann wieder einzuschlafen. Ich habe mich immer vergewissert, dass meinem kind nichts fehlt, dass es trocken ist, keine angst hat, gut liegt, schnuller da ist, kuscheltier da, ich habe ihm gesagt, dass ich da bin, dass es Nacht ist, dass alles in ordnung ist und dass wir jetzt weiter schlafen. ich habe mene Kinder nicht (wie es in so vielen Artikeln dramatisiert wird) verwahrlost, vernachlässigt in der einen Sch…. liegen lassen. Ich bin immer wieder rein. Habe immer wieder gesagt, dass alles gut ist, immer wieder gestreichel aber: Ich habe nicht mehr mitten in der Nacht einen Wohnungsmarathon gemacht, habe nicht mehr bis zu 3 liter Milch gerichtet, habe mich nicht mehr für DSDS warmgesungen. Ich war da, habe alle Bedürfnisse meines Kindes wahrgenommen aber die Nacht auch Nacht bleiben lassen. Es hat keine Woche gedauert da hat der Große nahezu durchgeschlafen. Er wird bis heute (6 Jahre) ein Mal die Nacht wach und kommt zu mir ins Bett gekrabbelt. Das war es schon. Beim zweiten Kind war es eh nie sooo sehr ausgeprägt, da das Zweite sich eh immer viel schneller in den Alltag einfinden muss und automatsch von Anfang an selbständiger sein muss. Daher finde ich, dass diese „du musst SOFORT 24h am Tag, ohne ausreden, für dein kind da sein, es darf nicht schreien, das es sonst psychischem stress ausgesetzt ist, später ADHS bekommt, Ritalin einnehmen muss und dann davon als Spätfolge wahrscheinlich noch an Parkinson erkrankt und DU MUTTER bist schuld“ Bewegung jungen Müttern sehr sehr großen Druck macht.

  10. S
    Steffi

    Sehr schöner Artikel !
    Ich hatte selbst ein exzessives Schreibaby/Kind. 3,5 Jahre hat sie nur geschrien, gefühlt nie geschlafen und mich weit über meine grenzen gebracht, immer mit dem Gefühl nichts richtig zu machen, weil sie trotz Tragetuch, hochnehmen usw. immer weiter geschrien hat. Dennoch habe ich sie nie alleine schreien lassen. Ich konnte sie zwar meist nicht beruhigen, dennoch war ich bei ihr und habe ihr immer signalisiert „Du bist nicht alleine !“

    Leidtragende unter ihrem Dauer Geschrei war jedoch meine ältere Tochter ! Das vergessen leider viele in der Theorie des begleitenden Schreiens. Bei uns war, lt. geführtem Protokoll für die Schreiambulanz, 12-15 Std Gebrüll angesagt … da ging leider viel für die große verloren. Nun habe ich also die kleine nicht im Stich gelassen und heute mit 6 Jahren ist lange alles überstanden … doch meine große ist nachhaltig bis heute geschädigt und hat noch dazu ein Hass-Verhältnis zu ihrer Schwester ! Das sind dann also die Schattenseiten über die keiner einen Ratgeber schreibt und was viele vergessen : die Geschwisterkinder !!!

  11. S
    Susi

    Danke für diese Zeilen!
    was zählt, ist die – auch körperlich – spürbare Erfahrung.
    Wenn eine Mutter erlebt, dass sich ihr Kind in ihren Armen(!), ohne Ablenkung, beruhigt, das schrille Schreien weich und schluchzend wird und langsam ausklingt, dann hat sie – wieder – Kontakt zu ihrem inneren Wissen und ihrer Kraft, Intuition und Sicherheit gefunden.
    Die EEH (Emotionelle Erste Hilfe) begleitet so.
    Da wird nicht geratschlagt und „erklärt“ sondern erlebt, und das zählt und das kann die Mutter/die Eltern zu Hause dann ganz alleine fortsetzten und vertiefen.
    Eine berührende Arbeit, die ich machen darf . Und sie kann auch noch Jahre später lösen, was damals nicht möglich war.
    Ich wünsche allen Müttern, dass sie Begleitung finden, die sie in ihrem Sinn unterstützt. Oft ist es auch einfach der offene Austausch mit anderen Müttern(auch da ohne Ratschläge), die Entlastung bringt, es nicht alleine machen zu müssen.
    Sooo wichtig, sich zu vernetzen! 🙂

    Buchtipp: Thomas Harms – Emotionelle Erste Hilfe

  12. M

    Es wird einem wirklich ganz anders, wenn man liest, was da noch Anfang der 70er Jahre als Erziehungsphilosophie galt. Leider denken manche Großeltern immer noch, das wäre richtig gewesen. Die Schreiambulanzmitarbeiterin bei SternTV hat rein behavioristisch argumentiert. Gelerntes Verhalten muss gelöscht werden… da kann es einen nur schütteln.
    Danke für den gelungenen Artikel!
    LG, Micha

  13. V
    Veronika

    Ich habe über das oben zitierte Buch mal gelesen, dass es die überarbeitete Version des Buches „Die deutsche Mutter und ihr Kind“ aus der Nazizeiten ist, die erstaunlicherweise überlebt hat und so viel in unserer Gesellschaft kaputt gemacht hat. Ich finde unter ganz vielen tollen Büchern, die man heute finden kann über die „artgerechte“ Erziehung das Buch von Jean Liedloff „Auf der Suche nach dem verlorenen Glück“ am besten. Mir hat es die Augen aufgemacht und dadurch ist aus meinem ersten Kind, dass die erste Monate als Schreikind verbracht hat, ein viel zufriedeneres kleines Mädchen geworden und mein zweites Kind musste nicht mehr schreien… Ich könnte hier unendlich weiter schwärmen 🙂

  14. N

    Ein super Artikel, vielen Dank dafür! Er kommt auf jeden Fall in meine Sammlung, die ich für verschiedene Themen angelegt habe, und bei Bedarf meinen PEKiP-Müttern vorlesen oder an sie weitergeben kann 🙂

  15. C
    C.

    Wunderbar geschrieben! Und so wahr…
    Schade, wie gerade beim Thema Schlafen und Schreien lassen ein Umgang mit Kindern wiederholt wird, der in anderen Bereichen schon längst als falsch erkannt wurde (zB Töpfchenzwang)…

  16. T

    Wow, ich mag gar nicht glauben, dass es so ein Buch gibt. Oder dass es immer noch „Experten“ gibt, die genau den falschen Weg aufzeigen. Das macht mich richtig wütend. Meine Hebamme damals, vor fast 9 Jahren, textete mich mit „guten“ Ratschlägen auch nur so zu. Fütten alle 4 Stunden und zwar auf den Punkt…alles genau notieren. Schlafen soundsoviel Stunden. Eigenes Bett. Eigenes Zimmer. Sie war genau zweimal da, dann war es das. Ich habe immer nach meinem Bauchgefühl gehandelt und ich hoffe so sehr, dass es immer mehr Mamas geben wird, die sich auf ihren Instinkt verlassen und sich nicht von so genannten Experten einschüchtern lassen.

  17. H
    Helen

    Danke! Also dein Blog ist wirklich immer irgendwie passend 🙂 Mein Mann hatte nämlich genau diesen Bericht gesehen und kam dann zu mir und meinte, dass wir unserer Tochter (12 Monate) die Brust vielleicht doch abgewöhnen müssen, indem wir sie schreien lassen… weil wenn das da sogar von professionellen Leuten so empfohlen wird… Ich les ihm deinen Artikel gleich nachher vor!

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