Sechs Monate Babyeltern: tragen, stillen und viel Eis

Ein gutes halbes Jahr ist das Babymädchen nun schon bei uns. Die zusammenhängend geschlafenen Stunden in der Nacht werden wieder weniger, dafür die Tragestunden im Tuch oder auf dem Arm wieder mehr. Um uns herum bleibt wieder mehr liegen. Und es wird auch wieder häufiger Pizza gegessen. Weil das schnell geht – egal ob selbst gemacht oder bestellt. Und für die Nerven wird abends häufiger als sonst Eis oder eine Tüte Chips vom Späti geholt.

Christian muss dann gehen. Denn vom Baby wird aktuell abends ausschließlich Mama als Bezugsperson akzeptiert. Beikost wir nur in homöopathischen Dosen gegessen. Und auch sonst ist alles in Ordnung. Weil wir häufiger müde sind, diskutieren wir so manches Mal, wer wohl gerade mehr oder weniger macht. Dann maulen wir uns ein bisschen an – doch dann quietscht das Babymädchen niedlich. Wie gut, denn schnell versichern wir uns gegenseitig, dass sie das zauberhafteste und wundervollste Baby ist. Und dass wir zwar vielleicht manchmal müde und genervt sind, aber dass das Leben doch ziemlich gut zu uns ist. Das alles wird schon, denn gerade läuft es hier eigentlich exakt so ab wie bei den drei Kindern zuvor in diesem Alter.

Und so ähnlich wie bei uns gerade sieht das Babyleben bei vielen Familien aus, wenn das Kind ungefähr ein halbes Jahr alt ist. Als Hebamme und Stillberaterin werde ich nämlich ganz oft in dieser Zeit wegen genau der oben beschriebenen Verhaltensweisen vom Baby kontaktiert. Es geht ums schlafen oder nicht schlafen. Die Eltern sorgen sich wegen dem vielen Stillen und der wenigen Beikost. Sie stellen das ständige Getrage in Frage – und sind genervt von der wenigen Zeit für sich selbst.

Sie werden nicht ewig stündlich stillen

Oft erhoffen sich die Eltern konkrete Tipps, wie sich all dies etwas zu ihren Gunsten ändern könnte. Aber diesen ultimativen Tipp gibt es nicht wirklich. Ändern wird sich trotzdem etwas – und zwar ganz von alleine. Denn so bedürftig wie unsere Babys es oft in diesem Alter rund ums die sechs Monate sind, sie werden es nicht bleiben. Genau wie sie keine Babys bleiben werden, oder sich vor lauter Wut auf dem Boden rollende Kleinkinder. Und selbst maulige Teenager bleiben sie nicht ewig. Sie werden nicht ewig stündlich stillen oder ganze Tage ausschließlich auf unserem Arm wohnen. Wir werden den Kaffee wieder heiß trinken können. Und auch mit unserem Partner mal wieder gleichzeitig essen. Wir werden uns nicht ewig „So müde wie noch nie“ fühlen. Und Zeit für Sport oder fürs Kino ist auch irgendwann wieder.

Beim ersten Kind habe ich daran allerdings auch so manches Mal gezweifelt. Wohl einfach deshalb, weil es noch so unvorstellbar ist, wie das Leben mit einem größeren Kind aussehen wird. Langweilig wird einem ja auch später nicht, aber diese ganzen kleinen großen „Babysorgen“ gehen doch fast immer einfach so von ganz alleine vorbei. Man muss gar nichts weiter tun, sondern nur da sein und diesen winzigen kleinen Menschen begleiten und halten. Natürlich muss man auch ein bisschen aufpassen, sich nicht zu sehr zu erschöpfen. Vielleicht hilft es, manche Dinge zurückzustellen in dieser Zeit. Aber eigentlich muss man nur da sein – hier in diesem Moment mit diesem Baby.

Denn rückblickend ist diese doch so kurze Babyzeit nur ein kleiner Moment in all den Jahren, in denen wir unsere Kinder begleiten, bis sie irgendwann selbst erwachsen sind. Es gibt keinen Grund zur Eile. Sie werden mehr schlafen, mehr essen und weniger stillen und auf dem Arm sein wollen, wenn sie soweit sind. Genau so, wie sie irgendwann laufen werden. Die einen früher, die anderen etwas später. Also ignorieren wir hier jeden Abend ein bisschen die wieder nicht geschaffte To-Do-Liste. Und schauen stattdessen müde aber glücklich auf das niedlich quietschende Baby in meinem Arm. Dazu essen wir Eis vom Späti und genießen den Moment. Denn so wie es jetzt mit einem halben Jahr ist, bleibt es nicht.

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Kommentare

16 Antworten zu „Sechs Monate Babyeltern: tragen, stillen und viel Eis“

  1. S
    Sandra

    Immer wenn ich mal wieder mit dem geringen Schlaf- und großen Stillbedürdnis meiner Tochter (7 Monate) an meine Grenzen komme, lese ich euren Blog und bekomme wieder Mut. Es finde mich sooft in den Zeilen wieder. Und es mag wohl stimmen, so anstrengend die Babyzeit auch ist, wir werden uns in der Zukunft gerne daran zurückerinnern. Danke für die aufmunternden Zeilen!

  2. M
    Maria

    Wie wunderschön das geschrieben ist 🙂 Mein Sohn ist 5 Monate. 4 Monate hat er nachts ca 8 Stunden nachts geschlafen. Derzeit können wir davon nur träumen (was für eine Ironie ☺️). Die Flasche verweigert er. So genießt er mehrmals in der Nacht die Brust.
    Ja… die Zeit vergeht. Meine älteste ist 19, sie wird „flügge“. So schwierig es doch manchmal ist bei den schlaflosen Nächten gelassen und ruhig zu bleiben… wenn ich meine erwachsene Tochter sehe, die mal so mini und zuckersüß war (heute ist sie der Knaller ), dann weiß ich, dass deine Worte so wahrhaftig sind und sich im Laufe der Wochen, Monate und Jahre alles immer wieder verändert.
    Die Babyzeit ist so kurz. Auch wenn es bestimmt oft anstrengend ist und die schlaflosen Nächte einen manchmal in den Wahnsinn zu treiben scheinen, so werden wir in 19 Jahre mit einer kleinen Träne im Auge, an genau diese Zeit zurück denken und gleichzeitig stolz darauf sein, einen erwachsenen Menschen großgezogen zu haben . Mit allem was dazu gehört(e)…

  3. R
    Rebekka

    Liebe Anja
    Deine Zeilen helfen mir meinem Baby (6 Monate) all das einzugestehen was es fordert. Ewiges im Tragtuch durch die Wohnung schaukeln, erst spät abends und an der Brust einzuschlafen. Immer dann hochgehoben zu werden wenn das Essen warm auf dem Tisch ist etc.
    Vielen Dank dafür

  4. L
    Laro

    Wow, ich erkenne mich So wieder. Unglaublich es passt gerade zu perfekt zu unserer Situation gerade. Auch ich hab verzweifelt meine Hebamme kontaktiert…
    es tut wirklich gut das zu lesen.
    Danke und alles liebe ♥️

  5. N
    Natascha

    Danke, genau diesen Text brauchte ich grade!

  6. J
    Jennifer

    Oh man, tut gut zu lesen. Bei unserem Märzmädchen kommt leider noch ständig Bronchitis dazu, die am
    Stück geschlafenen Stunden sind wenig und der Rücken tut weh vom vielen tragen, aber wir haben das bezaubernste Baby der Welt ❤️, das hilft..

  7. P
    Patricia Sarkanbardis

    Du sprichst mir aus dem Herzen!!! Euer Blog ist so toll und hat mir schon des Öfteren wieder zu etwas mehr Entspannung verholfen… grad so beim ersten Kind, fragt man sich ja oft, ob das alles so passt oder „normal“ ist. Sehr schön geschrieben ❤️

  8. R
    Romo

    „Aber eigentlich muss man nur da sein – hier in diesem Moment mit diesem Baby“ Genau so ist es! Danke für diesen wunderbaren Artikel

  9. M
    MT

    Du hast mir eben ein Lächeln auf die Lippen gezaubert. Per Zufall bin ich über deinen Blog gestolpert und werde von nun an regelmäßig vorbeischauen, da ich mich in deinen Artikeln wiederfinde-dies ist gerade gut für die Seele! Dankeschön!!

  10. J
    Jasmin

    Ich liege neben meiner Maus im Bett, weil sie alleine einfach nicht schlafen will und bedanke mich für den schönen Artikel. Wenn ich mich zur Seite drehe und meine Maus anblicke, bin ich froh, dass das so ist. Denn so kann ihr schlafendes Gesicht bewundern und bin einfach froh, dass sie da ist.

  11. J
    Julia

    Danke liebe Anja! Hier ist es genauso. Ich schicke meinem Mann immer eure Artikel, damit er sieht „alles normal“ bzw. alles ist gut und richtig 😉 liebe Grüße, Julia

    1. K
      Kathrin

      😀 dem schließe ich mich vollumfänglich an! Danke für den Artikel und… etwas gutes hat das Dauerstillen irgendwie ja doch: nachdem alle Mails beantwortet, Kontakte gepflegt und Angebote bei ebay eingestellt sind, komme ich sogar endlich mal wieder zu sowas schönem wie „Von guten Eltern“ lesen (nicjt nur Bildchen bei Insta anschauen)

  12. B
    Bromelie

    Dem ist nichts hinzuzufügen 🙂
    Man muss es sich nur immer wieder mal vor Augen führen… Toller Artikel!

  13. K
    KriMaEmLa

    Und trotzdem schafft ihr es diesen Blog am Leben zu erhalten. Respekt! Setzten eins. Oder so.
    Liebe Grüße

  14. P
    Pia

    Es ist sooo schön euren Blog zu lesen. Unsere Tochter ist auch Ende März geboren und letztendlich sieht es daher ganz oft sehr ähnlich bei uns aus. Und so sitze ich hier mit meinem kalten Kaffee in der Hand und dem Babymädchen im Tragetuch und hoffe, dass diese Zeit noch ein wenig stillsteht. (Bevor ich doch mal die nasse Wäsche aufhängen muss) Danke!

  15. A
    Aless

    Danke für diese Worte! Gerade macht unser Sohn wahrscheinlich einen Entwicklungsschub durch und quengelt die ganze Nacht oder ist an meiner Brust. Und das mit 13 Monaten. Aber ich weiß ja, es geht alles irgendwann vorbei…

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