Warum es egal ist, ob das Baby durchschläft

Seit knapp drei Monaten sind wir als Eltern wieder aktiv mit dabei – bei den Fragen rund ums Thema Babyschlaf. In der kurzen Zeit, in der das Babymädchen bei uns ist, wurden wir häufiger danach gefragt, wie die Nächte so sind und auch ob sie bereits durchschläft.. Aber auch jenseits davon begegnet mir das Thema immer wieder. Zuletzt beim Ausfüllen des Babyalbums, in dem sich Erinnerungen an die erste Zeit festhalten lassen. Auch dort steht auf einer Seite: „Mit ___ Monaten hast du das erste Mal durchgeschlafen“. Auch auf diesen Karten, die man neben das Baby legen kann, um ein Foto am jeweiligen Tag zu machen, findet sich der Durchschlafpassus.

Wie bei den drei vorherigen Kindern gehe ich nicht davon aus, dass wir diese Zeilen im ersten Lebensjahr „erfolgreich“ ausfüllen können. Vielleicht doch, weil sich das bis jetzt recht entspannte Babymädchen entscheidet, doch mal mehrere Stunden am Stück ohne Stillunterbrechung zu schlafen, wer weiß. Aber letztlich ist es völlig egal, ob wie oder wie lange so ein Baby schläft. Ob es nachts einmal, keinmal oder mehrmals wach wird. Denn all dies sagt nichts darüber aus, wie es den Eltern gerade damit geht. Aber letztlich ist das das entscheidende Thema, wenn es um den Babyschlaf geht. Wie kommen die Eltern mit dem Schlafmangel zurecht, den das Leben mit Babys und kleinen Kindern automatisch mit sich bringt.

Babyschlaf und Babyschlafmangel

Generell bringt jeder Erwachsene anfangs sein ganz eigenes Schlafverhalten mit in die Elternschaft. Es gibt Viel- und Wenigschläfer, Eulen und Lerchen. Noch zu Hebammenausbildungszeiten wurden die Dienstpläne gerne den jeweiligen Schlafgewohnheiten entsprechend hin und her getauscht, wenn das möglich war. Mir lag der Spätdienst auch immer mehr, als der um sechs Uhr beginnende Frühdienst.

Oft sorgt bereits die Schwangerschaft für ein verändertes Schlafverhalten. Man muss nachts häufiger zur Toilette oder aufstehen, weil plötzlich der Hunger kommt oder einem speiübel ist. Später wird manche Schwangere vielleicht jedes Mal richtig wach, wenn sie sich umdreht. Denn das wird mit wachsendem Bauch immer schwieriger. Oder sie liegt nachts schlaflos da und grübelt über dies und das. Vielleicht gelingt es, den fehlenden Schlaf tagsüber nachzuholen. Vielleicht kriecht man auch durch den Tag, weil noch andere Kinder zu versorgen sind und das Hinlegen zwischendurch unmöglich ist. Über die bleierne Müdigkeit der Frühschwangerschaft rede ich hier gar nicht erst…

Trotz dieser „Vorbereitung“ in der Schwangerschaft trifft der Babyschlafmangel alle Eltern auf verschiedene Art und Weise. Und unterschiedlich hart. Auch nach der Geburt sind die Bedingungen, um fehlenden Schlaf am Tag nachholen zu können, sehr unterschiedlich. Geburten verlaufen verschieden und die entsprechend erforderlichen Erholungszeiten können die mütterliche Schlaferei zusätzlich erschweren. Das gilt etwa dann, wenn Schmerzen das allgemeine Wohlbefinden erheblich beeinflussen. Auch die psychische Belastung durch eine Geburt sowie in der Zeit danach fällt unterschiedlich aus. Bei postpartalen psychischen Krisen ist Schlafmangel ein zusätzlicher belastender Faktor, der nicht zu unterschätzen ist. Hinzu kommen beim Baby Gebärmutterheimweh, Wachstumsschübe oder Zahnungskrisen. Auch bei Erkrankungen oder nach Impfungen kann das Schlafverhalten verändert sein.

Wie gut schlafen die Eltern durch?

Wie gut oder schlecht es einem als Eltern gerade damit geht, ist nicht davon abhängig, wie viele Stunden das Baby ohne Pause schläft. So mache Mutter kommt gut damit zurecht, wenn sich das Baby zweistündlich meldet. Andere gehen auf dem Zahnfleisch, obwohl das Baby vier oder fünf Stunden am Stück schläft. Die eigenen Akkus sind nicht immer gleich voll und elterliche Kraft ist nun mal nicht verhandelbar. Manchmal fühl man sich nach zwei Stunden Mittagsschlaf mit oder auch mal ohne Kind wie neu geboren. An an anderen Tagen kann man die Augen trotz Siesta kaum offen halten. Gerade das erste Babyjahr ist in Sachen Schlaf „abwechslungsreich“, um es mal positiv auszudrücken. Und selbst, wenn wir ins Babyalbum eintragen können, dass das Kind heute nacht „durchgeschlafen“ hat, sagt das noch lange nichts über die weiteren Nächte aus.

Auch Kleinkindnächte können noch anstrengend sein. Selbst Schulkinder haben auch immer mal wieder den Bedarf, von uns Eltern in der Nacht unterstützt oder begleitet zu werden. Auch sie haben manchmal Sorgen, die sie nicht schlafen lassen. Babys und Kinder können in der Regel schlafen und wirklich behandlungsbedürftige Schlafstörungen sind eher eine Seltenheit. Wer sich diesbezüglich Sorgen macht, sollte diese natürlich ernst nehmen und auch fachlich entsprechend unterstützt werden. Aber die meisten Babys können ganz normal schlafen. Ich musste erst letzte Woche daran denken, als ich mit unserem Babymädchen auf dem Sommerfest der Schule neben der laut wummernden Musikanlage stand. Selig hat sie allen Lärm und Trubel im Tuch verschlafen.

Statt der Frage nach dem Babyschlaf, sollte man also wohl die Eltern lieber fragen, wie sie gerade schlafen. Und wenn diese gerade nicht „durchschlafen“ können, vielleicht mal eine Runde Babytragen- oder schieben anbieten, damit etwas Schlaf nachgeholt werden kann. Oder ganz auf die Schnelle eine Tasse Kaffee und ein „Alles wird gut“ anbieten.

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Kommentare

5 Antworten zu „Warum es egal ist, ob das Baby durchschläft“

  1. A
    An

    Danke für Deine klugen Worte. Sie helfen mir so sehr, nicht nur in diesem Artikel, sondern in so vielen anderen auch. Ein bisschen bist Du über Deinen Blog auch die betreuende Hebamme meiner beiden Kinder geworden. Danke!

  2. J
    Janina

    Ich wüsste sehr gerne was für ein Babyalbum das ist. Sieht nämlich toll aus.

    1. A
      Anja

      Liebe Janina,

      das ist von hier: http://www.gretasschwester.com/shop/liebevoll-illustriertes-babybuch
      Hat uns die Babypatentante geschenkt:)

      Liebe Grüße, Anja

  3. L

    „Statt der Frage nach dem Babyschlaf, sollte man also wohl die Eltern lieber fragen, wie sie gerade schlafen. Und wenn diese gerade nicht „durchschlafen“ können, vielleicht mal eine Runde Babytragen- oder schieben anbieten, damit etwas Schlaf nachgeholt werden kann. Oder ganz auf die Schnelle eine Tasse Kaffee und ein „Alles wird gut“ anbieten.“

    DANKE.

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