Bedürfnisorientiert das Fläschchen füttern

Die Bedürfnisse eines Babys sind immer gleich. Nähe, emotionale Zuwendung, Nahrung, Wärme und Geborgenheit geben ihm das, was es braucht, um sich gut zu entwickeln. Vieles davon vereint das Stillen optimal. Auch wenn eine Mutter ihr Baby nicht stillen kann oder möchte, hat ein Kind diese Erwartungen.

Somit ist auch das Füttern von Säuglingsnahrung mit dem Fläschchen weitaus mehr als nur reine Nahrungsaufnahme. Gerade in der ersten Säuglingszeit sind die Wachzeiten des Babys fast immer auch mit seinem Bedürfnis nach Nahrung verknüpft. Dabei lernen die Eltern ihr Kind immer besser kennen, weil sie auf vielen Ebenen miteinander kommunizieren.

Auch Mütter, die langfristiger ihre Muttermilch abpumpen und ihr Baby damit füttern, sollten wissen, wie sie eine enge und liebevolle Fläschchenbeziehung mit ihrem Kind aufbauen können. Wenn das Abpumpen aber nur vorübergehend geplant ist, sind gerade in den ersten Wochen nach der Geburt alternative Füttermethoden wie die Becherfütterung oder das Stillen mithilfe eines Brusternährungsset meist die geeigneteren Wege, um Saugirritationen zu vermeiden.

Nach Bedarf mit abgepumpter Muttermilch oder Pre-Nahrung füttern

Weil es auch beim Füttern mit dem Fläschchen um den Aufbau von Beziehungen geht, ist es gut, wenn anfangs nicht zu viele Menschen darin involviert sind. Selbst wenn andere Familienmitglieder oder Freunde das Baby gerne „auch mal füttern“ möchten, sollte dies gerade in der Anfangszeit vor allem den Eltern vorbehalten sein.

An dieser Stelle nun es ein paar Anregungen, wie Eltern ihrem Kind das Fläschchen auf eine babyfreundliche und bindungsfördernde Weise geben können.

  • Genau wie beim Stillen ist es wichtig, es sich bequem machen. Wenn du gemütlich sitzt, kannst du dich mit deinem Kind zusammen entspannen und aufmerksam für seine Feinzeichen sein.
  • Auch nicht an der Brust gestillte Kinder sollten nach Bedarf mit abgepumpter Muttermilch oder Pre-Nahrung gefüttert werden. Nach Bedarf bedeutet, dass dein Baby den Trinkrhythmus in Bezug auf die Häufigkeit und die Menge angibt. Da man sich doch schnell von Zahlen und Mengen leiten lässt, kann es hilfreich sein, ein kleines Söckchen über die Flasche zu stülpen, so dass du beim Füttern nicht abgelenkt wirst, in dem du zu sehr auf die bereits getrunkene Menge achtest. Diese kleinen Flaschenüberzieher lassen sich auch aus ein paar Wollresten einfach stricken.
  • Die Zeichen, mit denen Neugeborene ihr Stillbedürfnis anzeigen, gelten auch für die Fläschchenbeziehung. Dein Kind zeigt das Suchen der Milchquelle durch hin und her drehende Kopfbewegungen an. Es öffnet bei Berührung der Wange oder der Lippen den Mund. Vielleicht saugt es auch an seinen Händchen, wenn sich diese im Mundbereich befinden. Allerdings vergeht ja immer noch etwas Zeit, bis du die Flaschennahrung angerührt bzw. abgepumpte Muttermilch erwärmt hast. Du solltest mit den jeweiligen Vorbereitungen beginnen, wenn dein Baby langsam aufwacht und unruhig wird. Schreien ist ein ganz spätes Hungerzeichen. Oft ist das Baby dann schon so aufgeregt und außer sich, dass es zunächst beruhigt werden möchte, ehe es mit dem Trinken beginnen kann.

Hautkontakt tut Babys gut

  • Achte bei der Vorbereitung des Fläschchens auf die Herstellerangaben bzw. die hygienischen Aspekte. Diese sind auch wichtig bei der Aufbewahrung und Erwärmung von Muttermilch. Die optimale Trinktemperatur beträgt 37 Grad. Wichtig ist vor allem, dass die Milch nicht zu heiß ist. Versichere dich zum Beispiel durch das Probieren einiger auf dein Handgelenk geträufelter Tropfen, dass die Temperatur passend ist.
  • Hautkontakt tut Babys gut und hilft dem Neugeborenen auch bei der Stabilisierung seiner Körperfunktionen wie zum Beispiel der Wärmeregulation. Auch beim Füttern profitiert es davon. Zieh dir also nach Möglichkeit gerne ein entsprechendes Oberteil an oder es aus, so dass ein Hautkontakt entsteht. So kann dich dein Baby im Idealfall hautnah spüren. Der Geruch der eigenen Mama ist dem Baby schon aus Bauchzeiten vertraut.
  • Wähle einen Flaschensauger mit einem kleinen Loch, so dass die Milch nicht zu schnell fließt. So wird auch das Saugbedürfnis deines Babys während der Füttermahlzeit gestillt. Außerdem kann dein Kind so besser sein eigenes Hunger- und Sättigungsbedürfnis wahrnehmen, als wenn die Milch sehr rasch aus dem Sauger tropft.

Bleibe flexibel in Bezug auf Trinkmenge und die Häufigkeit

  • Mit der Zeit spielt sich meist ein gewisser Fütterrhythmus ein, aber diesen sollte immer das Kind vorgeben. Bleibe flexibel für mögliche Veränderungen in Bezug auf Trinkmenge und die Häufigkeit der Mahlzeiten.
  • Füttere dein Baby in deinem Arm. Wechsele dabei auch immer wieder die Seite. Das fördert auch die Koordinationsfähigkeiten deines Babys.
  • Berühre mit der Saugeraufsatz die Lippen deines Babys, so dass es von selbst den Mund öffnet. Biete erst dann das Fläschchen an, so dass es den Sauger selbständig einsaugt.
  • Halte während des Fütterns Blickkontakt zu deinem Kind. So erkennst du am besten, wann es eine Pause möchte oder vielleicht mehr braucht. Schnell wirst du auch herausfinden, ob dein Baby zwischendurch oder erst am Ende der Mahlzeit aufstoßen möchte. Dafür kannst du es auf deine Schulter legen und sanft auf seinen Rücken klopfen oder ihn streicheln.

Das Saugbedürfnis stillen

  • Lass immer dein Baby die Mahlzeit beenden. Auch wenn noch ein Rest in der Flasche ist, zwinge diesen bitte deinem Kind nicht auf. Nicht getrunkene Milch muss aus Hygienegründen verworfen werden, weil diese sonst einen guten Nährboden für Keime darstellen würde. Manchmal kann es auch notwendig sein, dass du noch eine weitere Portion Nahrung zubereiten musst, weil der Bedarf deines Kindes größer ist.
  • Wenn dein Kind über die Flaschenmahlzeiten hinaus noch ein Saugbedürfnis hat, biete ihm deinen kleinen (gewaschenen) Finger oder auch einen Schnuller zum Saugen an. Auch dabei liegt dein Baby gerne warm und geborgen in deinem Arm.

Wende dich bei Fragen oder Problemen an deine Hebamme. Die Hilfe bei Still- und Ernährungsschwierigkeiten bis zum Ende der Abstillphase bzw. bei Ernährungsproblemen des Säuglings bis zum Ende des neunten Monats nach der Geburt ist eine ambulante Leistung der gesetzlichen Krankenkassen, die dir zusteht. Genießt eure gemeinsamen Mahlzeiten und die dabei entstehende Nähe miteinander.

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Kommentare

6 Antworten zu „Bedürfnisorientiert das Fläschchen füttern“

  1. M

    Ich stehe nun kurz vor der Geburt meines ersten Kindes und mache mir nun Gedanken über das Stillen meines Kindes. Ich bin mir sicher, dass Sie damit recht haben, dass auch Mütter, die ihre Muttermilch langfristig abpumpen auch bei dem Stillen mit der Flasche eine enge, liebevolle Fläschchenbeziehung zu ihrem Kind aufbauen. Ungern möchte ich mein Kind direkt an der Brust stillen, weshalb gut zu wissen ist, dass man die Nahrung dennoch mit abgepumpter Muttermilch ergänzen sollte. Am besten lege ich mir mal eine Milchpumpe zu.

  2. J
    Jenny

    Liebe Anja, ich finde es super, dass du zu diesem Thema auch etwas schreibst. Ich selbst habe damit keine Erfahrungen gemacht, weil es mit dem Stillen gut geklappt hat. Immer wieder sehe ich aber in der Stadt Eltern, die ihrem im Kinderwagen verpackten Baby die Flasche „reingeben“; oft schauen sie dabei das Baby noch nicht einmal an, sondern starren gestresst irgendwo anders hin (z.B. in ein Geschäft, in das sie gerne gehen würden). Das Baby hat nicht selten den Blick nach oben gerichtet und schaut die nicht präsente Bezugsperson an. Letztens habe ich eine Mutter gesehen, die beim Füttern für das Baby noch nicht einmal sichtbar war, weil sie seitlich hinter dem „Dach“ des Kinderwagens stand. Ich weiß, dass es mich eigentlich nichts angeht. Trotzdem bricht es mir das Herz. Ich glaube, viele Eltern reden sich ein, sie würden so etwas nur selten machen. Aber dann ist es am Ende doch Alltag und passiert ständig. Ich wünschte, dass auf jeder Pre-Milch-Packung nicht nur ein Hinweis stünde, wie die Milch zuzubereiten ist, sondern auch, wie sie verabreicht werden sollte. Dass man sich die Zeit und Geborgenheit mit dem Kind auch zum Flaschenfüttern herausnehmen sollte, anstatt dem Baby nur schnell mal die Flasche reinzudrücken. Super, dass du das so klar und verständlich erläutert hast! Danke dafür und liebe Grüße, Jenny

  3. K
    Katrin

    Vielen Dank für diesen Beitrag. Ich habe leider aus verschiedenen Gründen nur 7 Wochen gestillt und dann auf Pre-Nahrung aus der Flasche umgestellt. Außer dass die Nahrung erst vorbereitet werden muss hat sich aber nicht geändert. Und auch heute mit knapp über 2 Jahren genießt unser Sohn es immer noch bei mir oder dem Papa auf dem Arm zu liegen und seine Milch zu trinken. In diesen Momenten ist er immernoch unser kleines Baby. Für uns gab es also keinen großen Unterschied zwischen Stillen und Flasche. Auch das Flasche geben kann genauso intim und bindungsorientiert sein wie das stillen. Diese Erfahrung wollte ich gerne einmal teilen, da ich das Gefühl habe, dass es häufig zu kurz kommt.
    Vielen Dank für euren Blog, er Hilfsmittel immer wieder 🙂

  4. S
    Sonja Kästner

    Vielen Dank für den Raum, den du auch diesem Thema gibst. Leider hat das Fläschchen geben häufig so was „mechanisches“, geprägt von Hygieneregeln und Zahlen.
    Spätestens als ich meinen Frieden damit gefunden hatte, doch wohl eine „Flaschen-Mutti“ zu sein (und ich hatte zuvor schon ein Kind gestillt), fand ich das Fläschchen geben ebenso emotional, wohlig und schön.

  5. H
    Heike

    Viele schöne Tipps, die leider für uns als Eltern von Zwillingen, davon ein Schreikind, trotzdem nicht realisierbar waren :‘-(

    1. A
      Anja Constance Gaca

      Liebe Heike,

      ich bin ziemlich sicher, dass viele Aspekte auch bei Euch zutreffen und auch bei Euch das Füttern nicht nur reine Nahrungsaufnahme ist. Es geht ja auch nicht darum, alles vermeintlich „perfekt“ zu machen, sondern zu schauen, was in der jeweiligen Situation machbar ist. So viele Faktoren beeinflussen die Zeit mit unseren Kindern. Auch die Umstände nach der Geburt sind so verschieden. Und besondere Situationen wie Regulationsstörungen, aber auch die gleichzeitige Versorgung mehrerer Kinder brauchen immer eine Anpassung an die Umstände. Deshalb ist dies tatsächlich eher als Anregung zu sehen , um individuell zu entscheiden, was passt und möglich ist.

      Liebe Grüße , Anja

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