Mit Sturheit und Geduld zu einer guten Stillbeziehung gekommen

Dies ist der sechste Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem Tina aus Wismar ihre Stillgeschichte erzählt. Tina ist 31 Jahre alt, wohnt mittlerweile in Dresden und ist verheiratet mit Tim. Im Dezember 2016 ist ihr Sohn Emil geboren. Tina liebt guten Kaffee, Design und Mode aus Dänemark und ist aktiv bei Mother Hood e.V. „Ich setze mich für Aufklärung von Frauen ein und kämpfe auch politisch für eine bessere Geburtshilfe. Einen Teil davon stellt das Stillen dar.“ Bei Instagram ist sie als hafermilchkaffee zu finden.

Nach einem unkomplizierten Stillstart erlebte sie eine Wochenbettdepression. Auch die Brust reagierte mit Entzündungen und Abszessen. Tina beschreibt, was ihr durch diese Zeit geholfen hat. Darunter auch die Stillberatung durch ihre Hebamme. Auch nach der Wochenbettzeit ist diese noch Ansprechpartnerin bei Stillproblemen. Wenn die regulären Hebammenleistungen „aufgebraucht“ sind, kann mit einer ärztlichen Anordnung das Kontingent in der Regel problemlos erweitert werden. Diese Anordnung kann die Gynäkologin, aber auch der Haus- oder Kinderarzt ausstellen. Viele Hebammen haben auch einen entsprechenden Vordruck, der vom Arzt einfach nur ausgefüllt werden muss. Hebammenhilfe beim Stillen ist bis zum Ende der Abstillzeit vorgesehen, egal ob dies nach drei Monaten oder drei Jahren der Fall ist.

Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Ich kannte eine stillende Freundin und wusste nur, dass viele Frauen, wie auch meine Mutter, zu wenig Milch hatten, um lange zu stillen. Ich dachte, dass es etwas Notwendiges sei.

Schlaflos im Wochenbett

Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Ich habe nicht viel darüber nachgedacht. Ich wusste weder etwas über die empfohlene Stilldauer noch über mögliche Schwierigkeiten, die auftreten können. Ich habe es als etwas, das „funktioniert“ angesehen. Und mir war klar, dass ich Emil stillen werde.

Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Emil dockte direkt nach der Geburt an und trank, als hätte er nie etwas anderes getan. Genauso ging es auch weiter, einen Monat lang. Dann traten die ersten Staus und Entzündungen auf. Die Geburt beeinflusste uns eigentlich zunächst nicht besonders. Auch Emil fühlte sich immer wohl und hatte nie Schwierigkeiten.

Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Im Wochenbett entwickelte sich bei mir eine Wochenbettdepression. Ich konnte nicht mehr schlafen. Nach jedem nächtlichen Stillen lag ich lange wach. Ich projizierte somit meine ganzen Probleme auf das Stillen und wollte nach zwei Monaten abstillen. Ich fühlte mich gefangen in dieser Verantwortung, das Baby ernähren zu müssen und wollte bzw. musste doch zu Kräften kommen. Stattdessen konnte ich auch nach Monaten kaum das Haus verlassen und nach jeder körperlichen oder psychischen Erschöpfung reagierte meine Brust und ich bekam einen Milchstau nach dem anderen. Die Hebamme riet mir, ein halbes Jahr durchzuhalten. Das war mein großes Ziel, das ich dann einfach überschritt. Um einen Monat, noch einen Monat und immer so weiter…

Eine Brust ist abgestillt

Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Ich besuchte fast jede Woche meine Hebamme, die mich nach TCM behandelte. Ich bekam vor allem Akupunktur gegen die Erschöpfung, welche die Entzündungen auslöste. Das hat mir am meisten geholfen. Außerdem nahm ich Angocin bei schweren Entzündungen. Meine Frauenärztin verschrieb mir gern Rezepte zur Stillberatung bei meiner Hebamme, nachdem alle Termine von der Krankenkasse aufgebraucht waren. Bei ihr und meiner Hebamme konnte ich mich jederzeit melden und sie hatten auch die Abszesse immer im Blick.

Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Ich dachte, dass Emil mit sechs Monaten den Mund öffnen und fröhlich Brei essen würde. Tat er nicht. Er aß ab und zu Reiskekse oder Quetschis. Somit hat sich das Stillen nicht verändert. Ab einem Jahr hat er angefangen, die gleichen Sachen wie wir zu essen (allerdings auch nur sporadisch). Dennoch haben wir ganz normal weiter gestillt.

Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Ich habe die Hälfte des Abstillens schon hinter mir. Eine Brust ist abgestillt. Ich habe ihn außerdem mit eineinhalb Jahren nachts abgestillt. Das war kein Problem. Tagsüber stelle ich es mir (momentan) sehr schwierig vor, ihm das Trinken abzugewöhnen. Ich weiß aber aus Erfahrung, dass es sehr einfach ist, wenn ich mit festem Willen dahinter stehe. Als ich einen schlimmen Abszess hatte und davon überzeugt war, nur noch zum Einschlafen stillen zu wollen, hat er es ohne Probleme akzeptiert.

Sein sicherer Hafen, sein Zaubertrank

Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Die Nähe, das Kuscheln würde ich schon sehr vermissen. Außerdem genieße ich es, ihm diese einmalige Geborgenheit und Sicherheit damit geben zu können. Das Stillen biegt einfach alles wieder gerade. Es ist sein sicherer Hafen, sein Zaubertrank. Außerdem genieße ich die Auszeit für mich, die ich während des Stillens habe.

Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Ich fühle mich nach wie vor durch das Stillen etwas ausgelaugt. Ich merke teilweise, wie mir schummerig wird während des Stillens. Das habe ich allerdings selten von anderen Frauen gehört. Am belastendsten waren somit die Erschöpfung und die daraus resultierenden Entzündungen mit tagelanger Bettlägerigkeit.

Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich würde früher eine Brust abstillen, wenn immer wieder die gleiche Seite Probleme machen würde. Außerdem denke ich, dass man eine gewisse Sturheit und Geduld braucht, um zu einer guten Stillbeziehung zu gelangen. Es ist schade, dass viele Frauen abstillen, wenn das Kind ein Jahr alt wird, denn ich finde, dass es danach erst richtig schön wird. Es ist so ein friedvolles Gefühl, Trostspender und nicht nur Nahrungsquelle zu sein.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Mit Sturheit und Geduld zu einer guten Stillbeziehung gekommen“

  1. D
    Debbie

    Hallo
    Wie kann ich weitere Stillbeiträge lesen? Ich bekomm immerzu die Meldung, dass diese wegen zu vielen Umletungen nich angezeigt werden können….
    Unabhängig vom verwendeten Gerät.

    Tipp?

    Liebe grüsse

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