Bei einem immer größer werdenden Beratungs- und Therapieangebot für Eltern und Kinder ist es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Und vor allem wirklich dorthin zu gelangen, wo es wirklich jene Hilfe gibt, die eine Situation erfordert. Bringt Osteopathie wirklich etwas bei Stillproblemen? Wann hilft eine Schreibabyambulanz weiter? Kann Physiotherapie meinem Baby weiterhelfen?
Es ist nicht immer leicht, als Eltern herauszufinden, was eigentlich normal ist und wo vielleicht tatsächlich Therapiebedarf besteht. Immer wieder kommt es auch vor, dass Eltern von falschen Annahmen ausgehen, weil ihnen Informationen fehlen. Denn nicht selten liegt zum Beispiel ein vermehrte Schreien daran, dass Mütter das Baby zu selten anlegen. Für viele Eltern ist es schwer vorstellbar, dass so ein kleiner Mensch nach ganz kurzer Zeit schon wieder stillen möchte. Das Umfeld hat vielleicht noch etwas von mehrstündigen Abständen. Das Bauchgefühl wird kleiner und die Verunsicherung größer.
Und wenn es ihnen keiner sagt, werden sie vielleicht verunsichert sein und versuchen, auf andere Weise den Bedürfnissen des Kindes nachzugehen. Das Kind lässt sich aber nicht durch Tragen, Schaukeln oder andere Strategien beruhigen. Ein erneutes Anlegen ziehen sie vielleicht gar nicht in Erwägung, weil das Baby ja erst vor eine Stunde oder noch kürzerer Zeit getrunken hat. Das Baby schreit weiter. Die Eltern werden verzweifelter und greifen nach jedem Strohhalm.
Babyberatungsmarkt ist groß und verspricht schnelle Hilfe
Der Babyberatungsmarkt ist groß und verspricht schnelle Hilfe. Außerdem hagelt es von außen auch noch jede Menge guter Tipps, was man noch so ausprobieren könnte. In solchen Situationen gilt es, ganz genau zu erfragt, wie eine Situation tatsächlich ist. Und dann zu erkunden, was die Eltern sich von Therapie oder Beratung erhoffen. Passiert das nicht, bringt die physiotherapeutische Behandlung vielleicht gefühlt genauso wenig wie der Besuch in der Schreibabyambulanz.
Als erstes müssen Eltern wissen, wie die Bedürfnisse von kleinen Babys aussehen. Sie sollen erkennen, was realistisch zu erwarten ist und was eben nicht. Viele Eltern denken, dass ihr Baby ein Schlafproblem hat, bis sie in der Stillgruppe oder an anderer Stelle hören, dass sich andere Babys ganz genauso verhalten. Und dass genau das normal ist und so sein darf. Natürlich gibt es tatsächlich Kinder mit Regulationstörungen, Stillschwierigkeiten oder anderen eventuell auch behandlungsbedürftigen Problemen. Aber allzu oft wird ein altersgemäßes Verhalten – auch von Fachleuten – als nicht normal bewertet und es beginnt ein Marathon von einem Behandlungs- oder Beratungsangebot zum nächsten.
Manchmal ist weniger einfach mehr
Im Wochenbett ist die Hebamme die Ansprechpartnerin für alle die Fragen, Sorgen und Verunsicherungen. Außerdem sind die anfangs sehr eng getakteten Vorsorge-Untersuchungen in der kinderärztlichen Praxis eine gute Anlaufstelle, wenn Eltern bezüglich der Entwicklung oder des Verhaltens ihres Babys verunsichert sind.
Ein elementarer Teil der Wochenbettbetreuung ist es, Eltern zu vermitteln, wie das Leben mit einem Neugeborenen realistisch aussieht und wie sie am besten durch diese auch anstrengende Zeit kommen. Und oft ist ein „Problem“ nicht wirklich behandlungsbedürftig. Es müssen eher Eltern darin bestärkt werden, dass sich ihr Baby völlig angemessen und artgerecht verhält. Und dass die Eltern bereits instinktiv das Richtige tun.
Es braucht manchmal gar keine Stillberatung, keinen Osteopathen, keine Schreibabyambulanz. Die Eltern brauchen etwas Ermutigung und Bestärkung darin, ihren Weg mit ihrem Kind zu gehen. Es mit Nähe, Liebe und auch Muttermilch zu nähren und ihm zu helfen, hier in der Welt anzukommen. Das Kind braucht keine Therapie. Und die Eltern vielleicht nur etwas Zuspruch oder auch den Austausch mit anderen Eltern.
Die Aufgabe der Hebamme darin ist auch immer eine Art Lotsenfunktion: gemeinsam mit den Eltern schauen, was im „normalen Rahmen“ ist und wo zusätzliche Unterstützung erforderlich sein könnte. Hebammen begleiten im Wochenbett nicht nur eine einzelne Beratungssituation, sondern einen ganzen Verlauf begleiten. Dadurch lässt sich der Hilfebedarf sinnvoll einschätzen. Und die Eltern haben immer einen ersten Ansprechpartner für ihre Fragen und Sorgen. Gemeinsam kann man dann überlegen, was sinnvoll ist. Die Hebammen kann entsprechend auch Rücksprache mit ihrem therapeutischen Netzwerk halten und bei Bedarf weiter verweisen.
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