Beim ersten Kind nehmen Eltern vieles ganz genau und bereiten sich akribisch vor. Trotzdem ist es erstaunlich, wie wenig das oftmals am Ende auf die Wahl des Geburtsortes zutrifft. Tatsächlich wird oft mehr Energie in die Auswahl des perfekten Kinderwagens gesteckt – selbst wenn das Baby dann später hauptsächlich im Tragetuch sitzt.
Manche Eltern schauen sich ein, zwei Kliniken oder Geburtshäuser an. Aber oft entscheiden Eltern auch, dass sie einfach dahin gehen, wo die Kollegin oder die Nachbarin „ganz zufrieden“ war. Manchmal ist auch die Nähe das Entscheidungskriterium. Und je nach Region gibt es vielleicht auch gar nicht viel zu entscheiden, weil die geburtshilfliche Versorgungslage so schlecht ist.
Beim zweiten Kind sieht die Sache oft anders aus – als direktes Resultat aus vorherigen Erfahrungen. Aber es ist ja auch schwer vorstellbar, was einen unter der Geburt erwartet und was man in dieser Situation nun wirklich braucht. Und sooooo groß werden die Unterschiede doch nicht sein? Doch, das können sie! Und das liegt in der Regel nicht daran, dass in einer Klinik Menschen arbeiten, die ihren Job generell besser oder schlechter machen als in einem anderen Haus. Aber der Personalschlüssel passt oft nicht zur Geburtenzahl, die Fortbildungsmöglichkeiten sind unterschiedlich und manchmal wird an alten Konzepten (zu) lange festgehalten. Somit gibt es doch Unterschiede – innerhalb einer Stadt aber auch regional.
Allerbeste Begleitung am Geburtsort verdient
Ein guter Geburtsort hängt viel weniger von einer kuscheligen Kreißsaal- oder Geburtshausausstattung ab. Es wird jeder Gebärenden im Nachhinein egal sein, ob die Klinik einen Flatscreen im Kreißsaal, ein Luxusbuffett oder tolle Kunstdrucke an den Wänden hatte. Man wird sich aber immer daran erinnern, ob und wie jemand unter der Geburt für einen selbst da war. Am „Geburts-Tag“ hat jede Familie die allerbeste Begleitung verdient. Egal, wo und wie das Kind zu Welt kommt. Eine Frau unter der Geburt braucht Zeit, Zutrauen, Respekt und eine liebevolle Umsorgung. Eltern sollten vorab also gut hinschauen und nachfragen. Um außerklinisch arbeitende Hebammen oder eine Beleghebamme sollte man sich übrigens früh in der Schwangerschaft kümmern. Es gibt nur wenige davon und diese wenigen sind alle sehr schnell ausgebucht.
Aber auch viele Kliniken nehmen nur eine bestimmte Anzahl von Anmeldungen pro Geburtenmonat entgegen. Dadurch müssen sich Schwangere oft schon in den ersten drei bis vier Monaten auf eine Klinik festlegen. Und dann gibt es natürlich auch Landkreise, in denen Frauen kaum noch eine Wahl haben – außer sie fahren dann unter Wehen etliche Kilometer weit. Auch Beleg- und Hausgeburtshebammen stehen in machen Regionen gar nicht mehr zur Verfügung. Trotzdem ist es sinnvoll schon relativ früh in der Schwangerschaft zu schauen, was man sich vorstellt und welche Optionen verfügbar sind.
Ein paar Denkenanstöße dazu, die zusammen mit dem Partner besprochen werden sollten:
- Was wünsche ich mir für die Geburt? Was will ich auf keinen Fall? Eine Wunschliste kann helfen, sich zu sortieren und eventuelle Ängste zu erkennen. Zusammen mit der Hebamme können diese Punkte besprochen werden. Auch mögliche medizinische Maßnahmen bei Komplikationen sollten zumindest besprochen werden.
- Wo habe ich das Gefühl wirklich loslassen zu können? Das ist eine Grundvoraussetzung zum Gebären. Wenn die Infoabendatmosphäre also schon beklemmend ist: weitersuchen! Angst, Lärm, Kälte, Licht, Unruhe und Alleingelassensein unter der Geburt hemmen die Geburtshormone. Zu Hause sind diese Faktoren meist ausgeschlossen. Wichtig ist aber auch, dass beide Eltern sich mit einer Hausgeburt l und sicher fühlen. Bestimmte Risiken schließen eine außerklinische Geburt aus. Und auch aus dem Geburtsverlauf heraus kann sich eine Verlegung in die Klinik ergeben. Es ist wichtig, sich auch damit auseinander zusetzen , um auch mit möglichen „Planänderungen gut umgehen zu können.
- Wie viele Hebammen sind für wie viele Geburten zuständig? Ist mit diesem Personalschlüssel eine 1:1- Betreuung zumindest in der fortgeschrittenen Geburtsphase möglich?
- Wie wird das Bonding unterstützt? Kann ich mein Kind ungestört im direkten Hautkontakt kennenlernen, bevor Routinemaßnahmen geschehen? Ein mütter- und babyfreundliche Betreuung gibt es in entsprechend nach der WHO/UNICEF-Empfehlung arbeitenden Babyfreundlichen Krankenhäuser. Allerdings ist eine Umsetzung immer nur mit einem ausreichenden Personalschlüssel möglich. Wie viele Hebammen, Ärztinnen und Pflegefachpersonen begleiten wie viele Geburten und frühe Wochenbettverläufe?
- Möchte ich bei einer Klinikgeburt ein paar Tage bleiben oder ambulant nach Hause gehen? Wie sieht die Wochenbettbetreuung in der Klinik aus? Welche Hebamme unterstützt mich zuhause? Wie lange kann mich die Hebamme im häuslichen Wochenbett (acht Wochen) unterstützen?
- Wie wird das Stillen unterstützt? Die Qualität hängt vom Fachwissen, aber auch vom Personalschlüssel an
- Auch bei einem geplanten oder ungeplanten Kaiserschnitt sollen Mütter bestmöglich begleitet werden und auch danach beim Bonding und Stillen optimal unterstützt werden.
- Darüber hinaus überlege dir gut, wer und was dir sonst noch gut an deinem zukünftigen Geburtsort gut tut. Wer darf dich begleiten? Was sind Dinge, Musik oder Gerüche, die dir helfen , dich wohl zufühlen- egal an welchen Ort.
Schwangere haben oft eine gute Intuition für ihre eigentlichen Bedürfnisse. Dieses Bauchgefühl sollte ernst genommen werden, damit der Tag der Geburt ein positives und selbstbestimmtes Ereignis wird.
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