Wenn andere Menschen sich ungefragt an der Erziehung von Kindern beteiligen, hört man gerne in der Diskussion darüber mit anderen das afrikanische Sprichwort: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf.“ Auch ich finde diesen Satz nicht unlogisch. Er drückt aus, dass Eltern ihr Kind nicht ausschließlich alleine beim Großwerden begleiten und unterstützen müssen. Auch sie dürfen Hilfe annehmen oder sollten sich sogar aktiv um Unterstützung kümmern, wenn diese von sich aus nicht vorhanden ist.
Das mit diesem Satz gemeinte Dorf gibt es in seiner ursprünglichen Form heute allerdings nur noch selten. Gerade in der Großstadt ist eher Anonymität an der Tagesordnung. Doch auch hier, sind mit dem Dorf die Menschen gemeint sind, die man gut kennt: Freunde, Familie, das eigene Umfeld. Menschen, die einen kennen und auch das Kind. Oder Menschen, die man vielleicht gerade kennenlernt.
Der beiläufig dahingesagte Erziehungstipp von der fremden Frau an der Supermarktkasse ist kein guter Rat „deines Dorfes“. Denn diese Person kennt weder dich, noch dein Kind, noch die Gesamtsituation, in der ihr euch als Familie gerade befindet. Man kann natürlich auch mit bisher fremden Personen eine Beziehung aufbauen. Aber die beginnt sicherlich nicht damit, dass man als erstes Ratschläge erteilt oder eine Situation kritisiert. Ein ehrlich gefragtes „Kann ich vielleicht helfen?“ wäre ein ganz anderer Einstieg.
Beziehung als Basis
Sich auf andere Personen einzulassen, setzt immer etwas Vertrauen voraus und das muss sich entwickeln. Warum ein Kind vielleicht trotzdem darauf reagiert, wenn ein Fremder etwas sagt oder kommentiert, liegt wohl eher an dem Überraschungseffekt oder manchmal vielleicht sogar an einer gewissen Angst vor der fremden Person.
Die Basis, auch Kritik anzunehmen, ist aber die Beziehung zu anderen. Auch in Kita oder Schule macht es erst die gute Beziehung zum Erzieher oder der Lehrerin möglich, dass sich ein Kind gut entwickeln und lernen kann. Es sind immer Menschen, die ein Kind kennen und es entsprechend unterstützen können.
Bei Erwachsenen ist das oft nicht anders. Gerne empfehle ich als Hebamme für die erste Wochenbettzeit die Unterstützung einer Mütterpflegerin oder einer Haushaltshilfe. Meist ist das eine große Entlastung und viele Mütter sind richtig traurig, wenn die Unterstützungszeit endet. Manchmal passt es aber menschlich einfach nicht und Mütter sagen, dass die vermeintlich gut gemeinte Hilfe mehr stört als nützt.
So geht es auch manchen Müttern manchmal mit der Hebamme, wenn es zwischenmenschlich einfach überhaupt nicht passt. Dann kann sich einfach keine sinnvolle Beziehung entwickeln, auf deren Grundlage auch das Annehmen von Empfehlungen oder konkreten Hilfen möglich ist. Auch in dem eingangs zitierten Dorf werden sich vielleicht nicht alle untereinander „immer lieb haben“, aber man kennt sich und auch die Eigenheiten des anderen. Und das ist schon mal eine ganz gute Grundlage, um mit- und voneinander zu lernen und gemeinsam zu wachsen.
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