Länger stillen, selbstbewusster werden

Dies ist der 14. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem die 34-jährige Stephanie aus Spandau ihre Stillgeschichte erzählt, die eigentlich von allen nur Tiffy genannt wird. Sie hat zwei Söhne im Alter von fast sechs Jahren und viereinhalb Monaten.

Sie wohnt fast an der brandenburgischen Grenze. „Das war für uns eine mittelgroße Umstellung. Bis vor einem Jahr wohnten wir nämlich mitten in Kreuzberg. Im ersten Leben habe ich nach dem Abitur eine Ausbildung zur Maskenbildnerin gemacht und auch einige Jahre beim Film und Fernsehen gearbeitet. Mit Mitte zwanzig begann ich dann zu studieren. Mittlerweile bin ich dabei, meinen zweiten Uni-Abschluss zu machen.“ Bei Instagram findet man sie als @frautiffyfee.

Enttäuschung beim ersten Stillen

Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Vor meiner ersten Schwangerschaft und Geburt habe ich mir nicht viele Gedanken über das Stillen gemacht. Mir war klar, ich mache das, um mein Kind zu ernähren und alles wird sich schon finden. Bis dato kannte ich aber noch nicht viele Freundinnen mit Kindern und der Austausch darüber oder die Möglichkeit, jemanden zu fragen, war einfach nicht da.

Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Vor der ersten Geburt habe ich mich eigentlich gar nicht informiert, da ich nie in Frage stellte, ob es klappen könnte. Jetzt beim zweiten Kind habe ich schon vorgesorgt, viel mit meiner Hebamme gesprochen, was ich mir wünsche. Einfach, weil die Enttäuschung beim ersten Stillen so schlimm für mich war. Mein größter Wunsch beim zweiten Kind war, dass man mich direkt schon im Kreißsaal unterstützt, sollte es wieder so kommen.

Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Ich wollte direkt bonden (leider ist unsere VBAC nicht erfolgreich gewesen und es kam zu einer sehr eiligen Sectio) und das Baby auch nach Bedarf anlegen. Beim ersten Kind klappte dies nicht, man ließ mich allein. Niemand zeigte mir die ersten Tage etwas, so dass es so schlimm wurde, dass ich am liebsten direkt wieder abgestillt hätte. Schmerzen wegen offener uns entzündeter Brustwarzen waren mein Dauerbegleiter. Zu kleine und falsche Stillhütchen machten die Sache nicht besser und führten auch beim Baby zu Frust. So pumpte ich beim ersten Baby zu 85 Prozent ab und gab die Muttermilch mit der Flasche.

Wunderbare Wochenbetthebamme

Beim zweiten Mal wollte ich es auf jeden Fall versuchen. Ich wollte nicht wieder auf so viel Zeugs angewiesen sein, ständig Flaschen sterilisieren und diese Schmerzen haben. Der Start war gefühlt viel besser. Dazu muss man aber auch sagen, dass ich eine ganz wunderbare Beleghebamme hatte. Meine Wünsche rund um die Geburt wurden trotz der Re-Sectio sehr respektiert und wo es ging umgesetzt. So hatte ich direkt das Gefühl, eine selbstbestimmtere Geburt erlebt und eine Verbindung zu meinem Baby zu haben.

Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Im ersten Wochenbett fühlte ich mich nicht gut unterstützt. Ich blieb alleine mit meinen Problemen und diese wurden dadurch natürlich nicht wirklich besser. Beim zweiten Kind hatte ich eine wunderbare Wochenbetthebamme und war auch generell selbstbewusster und bestimmter, wenn mir etwas nicht passte oder mein Bauchgefühl mir zu etwas anderem riet. Leider hatten der Kleine und ich etwa zwei Wochen lang eine unentdeckte Staphylokokken-Infektion, die uns immer wiederkehrende Mastitis und schlimmste Haut beim Baby bescherte. Als dies abgeklärt war, war Ruhe.

Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Jetzt im zweiten Wochenbett konnte ich meine Hebamme Tag und Nacht anrufen und fragen, sie war immer da, so gut sie konnte. Außerdem ist eine Freundin von mir angehende Hebamme und ausgebildete Stillberaterin. Als es kritisch wurde, setzte sie sich einfach mal ins Auto und kam vorbei.

Beim Kleinen ist noch Zeit

Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Beim Großen gab es Probleme, da er Neurodermitiker ist. Die ersten Ekzeme traten bereits mit gut zwölf Wochen auf. Im ersten Jahr (ab Beikoststart) mussten wir alles mit Weizen, Ei und Milch meiden. Das war hart, auch für mich als Stillende. So kam es leider zu einem sehr frühen Abstillen im fünften Lebensmonat. Ich trauere dem heute noch nach. Ich hätte uns einfach einen selbstbestimmteren Weg gewünscht.

Beim Kleinen ist noch Zeit. Er ist aktuell zwölf Wochen alt und die sechs, wenn nicht sogar neun Monate, will ich gerne voll stillen. Danach werden wir es langsam mit BLW angehen. Ganz entspannt, wie unser Gefühl es uns sagt, so ist der Plan. Meine Hebamme ist auch dort unterstützend jederzeit für uns erreichbar.

Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Ich denke nicht gerne daran zurück, es macht mich traurig. Und auch wenn ich mir wünsche und fest vornehme es diesmal anders zu erleben für uns, so mag ich jetzt, wo das Baby noch so klein ist, noch nicht daran denken.

Angst wieder ungewollt abstillen zu müssen

Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Diese Nähe und Ruhe. Tatsächlich das Oxytocin, das auch mich zu beruhigen scheint. Zu wissen, mein Kind ist geborgen uns gut ernährt.

Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Die anfänglichen Schwierigkeiten mit den Stillhütchen und der immer wiederkehrenden Mastitis. Das zermürbt und hat mich sehr verzweifeln lassen. Ich hatte große Angst, wieder ungewollt abstillen zu müssen.

Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich hoffe, ich kann es jetzt in der zweiten Stillzeit besser machen, länger stillen, selbstbewusster werden, was das öffentliche Stillen betrifft. Anderen Mamas würde ich immer raten, auf sich und ihr Baby zu hören. Das Bauchgefühl entscheiden zu lassen und nicht die Meinungen von außen. Diese Zeit kommt nie wieder, genießt sie in vollen Zügen.

Für mich ist es gerade richtig so, wie alles ist. Ich bin megaglücklich, Fiete auch nach über vier Monaten noch voll stillen zu können und möchte dies auch noch möglichst lange tun. Es ist für uns der leichteste – und da er leider auch ein Neurodermitis-Kind ist – für uns der beste Weg. Da ich aber beide Seiten kenne und wie es ist, angeschaut und verurteilt zu werden, wünsche ich mir einfach mehr Verständnis. Ich unterstelle jeder Mama, jedem Papa, jedem Menschen, der Eltern wird, einfach mal, dass er das Beste für sein Kind möchte, es geborgen und glücklich wissen will. Machen wir das doch nicht davon abhängig, wie ein Kind ernährt wird. Selbstbestimmtheit macht zufriedene Eltern und ich würde behaupten, auch glückliche Kinder. Und sollte mal etwas nicht laufen wie gewünscht oder geplant, oder etwas gewünscht und geplant sein, aber ein komplett anderer Weg, als der eigene: Reden, reden und einander respektieren. Das hilft!

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