Beikost ist keine schnelle Abstillmethode

Wie gerne eine Mutter stillt, ist sehr individuell und von vielen Faktoren abhängig. Während sich Babys im ersten Lebensjahr in der Regel nicht von alleine abstillen, kommt es schon häufiger vor, dass Frauen diesen Wunsch haben und eine Abstillmethode suchen. Oft kommt dieser Abstillwunsch um den ersten Halbjahresgeburtstag herum auf. Zu diesem Zeitpunkt sind viele Kinder wieder sehr bedürftig. Oft ist auch der Gedanke präsent, dass mit dem Abstillen vielleicht etwas mehr persönliche Freiheit in den Alltag zurückkehrt. Oder dass sich die nächtlichen Unterbrechungen eventuell reduzieren lassen. Die Realität sieht oft anders aus…

Aber was auch immer der Grund ist: Jeder Wunsch zum Abstillen hat natürlich seine Berechtigung. Denn beim Stillen sollte es Mutter UND Kind gut gehen. Mit rund einem halben Jahr, sind die meisten Kinder bereit für Beikost und haben von ihrer Entwicklung her die nötige Reife. Deshalb ist für viele Eltern der Gedanke naheliegend, dass sich der Abstillwunsch ja prima mit der Einführung der Beikost verbinden lässt. Und ein bisschen suggerieren die klassischen Breipläne ja auch genau das. In denen steigt recht zügig die B(r)eikostmenge, die das Baby essen soll. Gleichzeitig sinkt der Muttermilchbedarf so schnell, dass im Alter von sieben bis neun Monaten nur noch etwa 20 Prozent der täglichen Energiezufuhr aus Muttermilch bestehen soll.

Nun, die Realität sieht oft anders aus. Nicht wenige Frauen haben eher das Gefühl, dass in diesem Alter ihrer Babys die Muttermilchmenge 120 Prozent ausmacht. Brei oder Beikost in anderer Form futtern die Babys dagegen gefühlt nur in homöopathischen Dosen. Da sich also doch realistisch nur ein kleiner Teil der Kinder an ausgeklügelte Brei- und Beikostpläne hält, ist dieser Weg KEINE schnelle und vor allem stressfreie Abstillmethode. Denn wenn der mütterliche Abstillwunsch mit dem individuellen Beikostfenster des Babys kollidiert, ist Druck am Esstisch vorprogrammiert. Und der hat dort gar nichts zu suchen. Schließlich werden hier die Grundlagen für ein gesundes Essverhalten gelegt.

Keinen unnötigen Druck durch Abstillmethode aufbauen

Was also tun? Weiterstillen, obwohl eine Frau gar nicht mehr möchte? Dies ist sicherlich nicht der richtige Weg. In dem Fall ist aber eine Abstill- und nicht eine Beikostberatung ein guter erster Schritt. Denn wenn ein Baby im ersten Lebensjahr nicht mehr gestillt wird, braucht es eine entsprechende Säuglingsnahrung. Denn Milch ist für Babys die Hauptnahrungsquelle. Nicht ohne Grund heißen Babys im gesamten ersten Lebensjahr Säuglinge.

Pre-Nahrung kann dann im ganzen ersten Jahr gefüttert werden. Das ist auch empfohlen, da sie in ihrer Nährstoffzusammensetzung der Muttermilch am ähnlichsten und damit am gesündesten von den erhältlichen Milchnahrungen ist. Außerdem lässt sich das Baby damit weiter nach Bedarf füttern, so wie es das auch schon vom Stillen kennt. Wie schnell und auf welchem Wege die Umstellung von Muttermilch auf Säuglingsnahrung passiert, ist individuell. Darum ist eine Beratung an dieser Stelle immer sinnvoll. Diese bezahlen im Rahmen der Hebammenbetreuung die gesetzlichen Krankenkassen.

Nicht selten entscheiden sich Mütter nach der Beratung dafür, doch noch weiter zu stillen. Und nein, sie tun das nicht etwa, weil ich sie überredet hätte, sondern weil ihnen der Aufwand mit der Zubereitung der Flaschenmilch in der Regel doch zu aufwendig erscheint. Hier muss jeder selbst herausfinden, was individuell gut für Mutter und Baby passt.

Wichtig ist also nur, die Beikosteinführung nicht als schnellen Abstillweg zu sehen und damit sich selbst und das Kind einem unnötigen Druck auszusetzen. Denn wie es für jeden Entwicklungsschritt gilt, bringt auch hier jedes Kind sein eigenes Tempo mit. Und so wie das Gras nicht schneller wächst, wenn wir daran ziehen, wird das Baby nicht schneller essen, wenn wir den Teller voller machen.

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Kommentare

14 Antworten zu „Beikost ist keine schnelle Abstillmethode“

  1. B
    Birgit

    Danke für den Artikel. Mein Sohn ist 10 Monate und mittags und abends gibt es Brei (da ist er ein hlbes Glas) und feste Nahrung, die er schon essen kann und auch mit Freude ausprobiert. Vormittags/ Nachmittag still ich noch weil es am praktischsten in unsern Tagesablauf passt. Das Problem sind aber die Nächte! Ich stille die halbe Nacht, kann dir also gar nicht sagen wie oft! Das war schon von Anfang an so, aber zur Zeit find ich es extrem oder nehme es anders wahr, da ich langsam doch sehr erschöpft bin und mit Verspannungen im Rippenbereich kämpfe. Neulich würde ich gefragt, ob er tagsüber denn genug isst, das hat mit doch zu denken gegeben! Hängt wirklich die Kalorienzufuhr tagsüber mit der Stillhäufigkeit nachts zusammen? Oder ist es nachts einfach Gewohnheit und müssten wir mal versuchen nachts mehr mit Schnuller zu beruhigen? Hm. Danke dir! Viele Grüße, Birgit

  2. A

    Liebe Anja,
    ich hab nach 6 Monaten angefangen meiner Tochter breifreie Beikost anzubieten – und bis heute liebt sie es. Gestern ist sie ein Jahr alt geworden und hab ihren zuckerfreien Geburtstagskuchen verspeist. Sie ist ein sehr guter und fleißiger Esser – dabei ist es aber ganz wichtig und für mich das wichtigste – das man entspannt bleibt. Deshalb finde ich breifrei auch so eine tolle Lösung für die Beikost, denn die Kinder können hier nach eigenem Bedarf essen, ohne dass man ihnen mit Löffeln irgendwas „aufzwingt“. Vielleicht auch für viele eine Möglichkeit, deren Kinder bis jetzt kein Interesse an Beikost hatten. Ich stille auch noch nach Bedarf, manchmal morgens oder wenn meine Kleine möchte.
    Liebe Grüße, annina

  3. S
    Sandra

    Puh, auch unser Thema, allerdings wird mein Kleiner schon 2 Jahre. Es wäre mir langsam wirklich recht , wenn er sich nicht komplett mit Muttermilch ernähren wollte…. Ich habe eher umgekehrt das Gefühl. Die Milch reicht ihm nicht mehr, er dockt umso öfter an… echt anstrengend… ich hoffe, das Abstillen seinerseits kommt dann doch mal…?

  4. D
    Diala

    Liebe Mamis ,
    Einen dicken Kuss für alle die stillen.
    Denn stillen ist das beste für das Kind.

  5. D
    Diala

    Hallo liebe Anja,
    Mein Sohn ist 10 Mo. alt und versuche Beikost zu geben,aber er vermeidet das meiste essen.

  6. M

    Danke für den schönen Artikel. Das ist viel zu selten Thema! Ich habe bei beiden Kindern genau diese Erfahrung gemacht (Kinder wollten so gut wie keine Beikost essen; beim zweiten Mal mit BLW war es jedoch schon viel angenehmer und stressfreier). Ich habe mich darauf eingestellt und schließlich beide Kinder bis zum knapp dritten Lebensjahr gestillt. Das Essen wird natürlich zunehmend mehr, aber gestillt haben beide noch sehr gern. Ich habe dann aber beide bewusst abgestillt, weil es aus gesundheitlichen Gründen bei mir nicht mehr ging – und wirklich nicht mehr ging, sogar die Hebamme hat mir geraten abzustillen und sie war ungefähr Deiner Geisteshaltung. Es war nicht einfach, aber dennoch war es dann das Richtige – obwohl beide ende gern noch weiter gestillt hätten. Wir haben aber durch viel Kuscheln und Körperkontakt eine wenig kompensiert. Danke nochmal für den Artikel, der ein wichtiges Thema aufgreift, das ganz viele Mütter sorgt! <3

  7. M
    marion

    Liebe anja,
    das ist genau unser thema. Nur so wie bei katharina ist unser sohn schon älter nämlich 16 monate. Ich hab auch schon langsam das gefühl, dass er an das stillen zum satt werden so gewöhnt ist, dass sehr unregelmässig und teilweise kleinste mengen isst. Mein freund auch das andere umfeld sind sich einig, dass ich ihn nicht immer stillen sollte wenn er mich darum bittet, damit er endlich*richtig* mit dem essen anfängt. Ich beobachte aber, dass da gar nicht immer so ein zusammenhang ist zwischen stillen und essmenge. Wie ist das denn nun? Was heisst in diesem alter stillen nach bedarf? Ich bin echt recht verunsichert wobei ich sagen muss, dass unserem sohn offensichtlich nichts fehlt. Er ist fit wie ein turnschuh und falls er dann mal isst tut er das mit viel genuss. Hätte nur echt gern ein paar gute argumente für die inneren und äusseren kritiker

    1. A
      Anja

      Liebe Marion,

      na am überzeugendsten für die inneren und äußeren Kritiker ist doch die Tatsache, dass es Deinem Kind so gut geht und er auch mit Freude isst:) Darum geht es ja erst mal primär und nicht darum eine bestimmte Menge ins Kind zu befördern. Erwachsene essen übrigens auch oft eher unregelmäßig und nicht jeden Tag die gleiche Menge;) Warum wird das von einem Kind erwartet? Gerne kannst Du Dich auch noch mal von Deiner Hebamme in Sachen Beikost/ Stillen beraten lassen. Alles Gute für Euch und liebe Grüße, Anja

  8. B

    Ja, ich finde auch, da sollte man keinen Druck machen. Ich weiß noch wie hektisch es mich machte, als um mich herum alle mit gleichaltrigen Babys mit der Beikost anfingen. Und mein Kind mochte/und wollte das garnicht. Ich habe es aber auch probiert, weil ich dachte ich müsste. Total deppert! Ich hab´s schnell wieder gelassen. Ich bot es in gewissen Abständen immer mal an. Und plötzlich ging es ganz von allein. Mit 10 Monaten wurde mit Appetit Beikost angenommen und mit einem Jahr war das Kind von ganz allein abgestillt. So ähnlich war es mit den anderen beiden Kindern auch. Und wo es länger dauert, da dauert es länger. Oder geht eben schneller.

  9. S
    Sarah

    Bei mir läuft es seit die Backenzähne ds sind….also mit 18 Monaten. ..und das obwohl die Zahnärztin meinte bei meiner Astronautennahrung wird er nie essen 🙂

  10. J
    Josi

    Liebe Anja,

    schöner Artikel. Aber was mache ich mit einem Baby, dass bald 11 Monate wird und zwar gern Essen in den Mund Schnüffeln, aber alles schön zerkleinert wieder ausspuckt.
    Meine Tochter mochte auch keinen Brei, aber aß dann zumindest irgendwann die Sachen, die sie sich selbst in den Mund steckte.
    Gestillt wurde sie bis sie sich mit 24 Monaten absillte.

    1. A
      Anja

      Liebe Josi,

      ich denke, wenn es Deinem Baby sonst gut geht, musst Du gar nix machen. Wenn Du tatsächlich aber Sorge hast, dass eine Schluckstörung o.ä, vorliegt, kannst Du Dich auch einfach noch mal zum Thema Beikost von Deiner Hebamme beraten lassen bzw. beim Kinderarzt abklären, ob alles okay ist. Ansonsten lass Dein Baby weiter aktiv am Familientisch teilnehmen, so dass es viele Gelegenheiten hat, seine Essfertigkeiten auszuprobieren. Alles Gute für Euch und liebe Grüße, Anja

  11. K

    Hallo Anja,
    der Text ist im Moment genau mein Thema! Danke dafür. Naja, fast mein Thema. Mein Sohn hat seinen ersten Geburtstag bereits hinter sich und nimmt Beikost dennoch nur in „homöopatischen Dosen“ zu sich. Ich erkläre es mir nur so: Jedes Kind is(s) t eben anders. Aber der Druck von außen ist schon auch groß. Als würde man als Mutter das Kind dazu zwingen, Milch zu trinken, statt zu essen. Ganz im Gegenteil: Ich würde sofort mit dem Stillen aufhören, aber wie Du schreibst: Flasche ist für mich keine Alternative. Also werden wir noch ein bisschen so weitermachen. Es zu jeder Mahlzeit versuchen, möglichst ohne Druck.
    Liebe Grüße
    Katharina

  12. L

    Liebe Anja,

    vielen Dank für diesen tollen Artikel.
    „Und so wie das Gras nicht schneller wächst, wenn wir daran ziehen, wird das Baby nicht schneller essen, wenn wir den Teller voller machen.“ -> Voll gut gesagt!

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