So müde wie noch nie

In der letzten Stillgruppe hatten alle Mütter das gleiche Thema mitgebracht, obwohl ihre Kinder zwischen fünf Monaten und zweieinhalb Jahren alt waren: Schlafmangel. Die Nächte mit Baby oder Kleinkind seien gerade so anstrengende, dass man als Mutter bisweilen an seine Grenzen komme. Wie praktisch wäre es da doch, wenn es ein Zaubermittelchen oder Geheimrezept gäbe, das allen Beteiligten mehr Schlaf bringen würde. Aber natürlich sollte es kinderfreundlich sein. Denn das Kind einfach schreiend sich selbst im Bett überlassen, das möchte dann doch keine der Mütter. Aber die langen Einschlafbegleitungen, das häufige nächtliche Aufwachen oder das Beenden der Nacht um 5.30 Uhr morgens gehe gerade ganz schön an die Substanz…

Ich kenne das. Und nahezu alle Geschichten, die ich zum Thema Schlafen in der Hebammenarbeit oder der Stillgruppe höre, kenne ich in unterschiedlichen Ausprägungen auch persönlich. Auch hier brauchten unsere Kindern immer wieder mal mehr oder weniger viel Begleitung in und durch die Nacht. Christian und ich haben das Thema Schlafmangel ganz gut aufgeteilt. Dennoch kennen wir beide die tiefen Augenringe und das wochenlange um 19 Uhr mit dem Kind zusammen erschöpft Einschlafen nur zu gut. Wie oft habe ich in diesen Phasen gesagt: „Heute bin ich so müde wie noch nie.“ Nur um am nächsten Tag noch ein bisschen müder zu sein.

Den Schlafmangel einfach vergessen

Es gibt auch einige – allerdings eher wenige – Ausnahmen von „elternfreundlich“ schlafenden Kindern. Deren Eltern fällt es schwer nachzuvollziehen, wie müde man als Mutter oder Vater sein kann. In unserem Freundeskreis gab es die nie. Und so war auch immer jemand da, dem man sein Leid klagen konnte und der das gut verstanden hatte. Und es war auch immer jemand da, der gerade schon ältere Kinder hatte. So bot sich ein Ausblick darauf, was man alles wieder schafft, wenn man nicht mehr so müde wie noch nie ist. Diese beiden Tatsachen haben wahrscheinlich immer mehr geholfen, als die Optimierung der Zimmerverdunkelung, des Frischluftpensums oder anderer Dinge, die den Schlaf vermeintlich positiv beeinflussen könnten.

Und trotzdem sind das die kleinen Strohhalme, nach denen wir Eltern greifen, wenn wir so müde wie noch nie sind. Nichts ist schlimmer, als das Gefühl, nichts tun zu können. Und es gibt ja so einiges, was man ausprobieren oder zum Thema lesen kann. So richtig überzeugende Rückmeldungen für das eine oder andere „Rezept“ habe ich in all den Hebammenjahren dazu nicht wirklich bekommen. Schon allein deshalb nicht, weil das Thema so individuell bei jedem Kind verläuft, dass nicht einmal innerfamiliäre „Patentrezepte“ funktionieren.

Aber was scheinbar doch funktioniert, ist eines: das Vergessen. Denn viele Frauen, die ich durch die ersten müden Babymonate begleitet habe, melden sich wieder, wenn das nächste Kind unterwegs ist. Oft sind sie dann wieder müde, weil auch die Frühschwangerschaft schon enorm erschöpfen kann. Aber meist haben wir doch alle ein bisschen vergessen, wie sich diese Elternmüdigkeit der ersten Zeit konkret anfühlt. Rückblickend war es fast immer nicht so schlimm. Und vor allem wurde es immer irgendwann einfach besser. Egal, was man nun konkret probiert hat oder auch nicht. Wenn man gerade in einer akuten übermüdeten Phase drin steckt, sieht man eben manchmal das Licht am Ende des Schlafmangeltunnels nicht. Aber es ist da. Wirklich. Ganz da hinten. Zumindest bis das nächste Kind kommt…

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Kommentare

13 Antworten zu „So müde wie noch nie“

  1. A
    Angela

    ja, das Vergessen…
    bei jedem meiner Kinder war ich überzeugt, dass es schlechter schläft als das vorherige aber ich habe Tagebuch geführt und siehe da: auch der erste schlief nicht – wie meine Erinnerung behauptet – schon mit 4 Monaten durch

    was mich allerdings viel mehr belastet als der Schlafmangel, sind die Rückenschmerzen ob der Babyzeit. nachts geweckt werden – OK. Aber das Baby dann wickeln und nach dem Stillen durch die Gegend tragen, weil es wieder zu hastig getrunken und nun schmerzhaft Luft im Bauch hat… ich weiß nicht, wie ich diese Rückenschmerzen bei denb großen überstanden habe

  2. K
    Kerstin

    Etwas spät aber vielleicht aus medizinischer Sicht ein hilfreicher Einwand für die Hebammenarbeit

    Beim ersten Kind – das aber auch wirklich eine richtig schlechte Schläferin ist – war ich so müde, dass ich schlussendlich sogar in der Psychiatrie gelandet bin. Die unterbrochenen Nächte und irgendwann das Gefühl: „Es lohnt ja nicht einzuschlafen“ haben sich mit Schmerzen in jedem einzelnen Körperteil schlechterr Laune bis eben hin zu Depressionen und sogar teilweise Todessehnsucht – dann hätte ich endlich Ruhe gehabt – gesteigert.

    Beim zweiten Kind war alles leichter. Dass das nächtliche Clustern am Anfang sogar fast schön war, schob ich auf die endlich vorhandene Unterstützung im Wochenbett. Dass die Stillmarathons mit 4 Monaten gut zu verkraften waren auf den Umstand dass wir ein Baby hatten dass eben mit 4 Wochen 8 Stunden am Stück durch schlief und ich wieder Kraft gesammelt hatte. Auch wenn ich natürlich nicht durchschlief wegen der Großen und wegen mir selbst.

    Nach einem guten halben Jahr, kamen aber von jetzt auf gleich die alten Gefühle wieder hoch. Noch nicht ganz so schlimm wie im ersten Elternjahr aber beängstigend bekannt. In der Zwischenzeit wusste ich aber dass ich die genetische Veranlagung zu Hashimoto habe. Ein weiteres Blutbild später stand fest dass meine Schilddrüsenwerte zwar noch in der Norm sind, aber in einem Bereich der für Hashimoto Patienten eben schon oft mit deutlichen Symptomen einhergeht. Eine ganz geringe Substitution von Schilddrüsenhormonen hat mir schnell geholfen.

    Mittlerweile glaube ich dass mir das wohl schon vor 4 Jahren geholfen hätte.

    Wenn Du also Mütter betreust die offenbar noch viel schlechter mit dem Schlafmangel umgehen, dann denk vielleicht auch an die Schilddrüse und schick sie nicht nur zum Haus- oder Frauenarzt, sondern zu einem Facharzt der auch Antikörper und Hormone über TSH hinaus bestimmt.

    Vielen Dank für euren tollen Blog. Er begleitet mich schon lange und es fühlt sich gut an.

  3. E
    Eve

    Unser großer war damals (vor 2,5 Jahren) die Hölle was das schlafen an ging. Er hatte nonstop Blähungen und hat teilweise nachts gar nicht geschlafen. Jetzt hat seine Albtraum-Phase begonnen und er wacht oft mitten in der Nacht schreiend auf. Das ist natürlich nicht Sekt hilfreich wenn gerade das zweite da ist. Unsere Maus ist jetzt ein Monat alt und schläft verhältnismäßig gut durch, bis auf einmal nachts Hunger und Windel. Dennoch hab ich seit der große da ist natürlich so gut wie gar nicht geschlafen und mein Mann… Der beschwert sich nur weil er ja nicht ausschlafen kann obwohl er echt locker 5-6 Stunden pro Nacht mehr Schlaf bekommt als ich … Man bemerke ich arbeite seit Ende des mutterschutzes wieder Vollzeit… Er zeitweise gar nicht… Aber er schläft so fest, der hört nicht mal das babyphone. Ich glaub ich habe wärend der letzten 2,5 Jahre nicht einmal durch geschlafen, ich bin nur froh, dass die kleine anscheinend deutlich ruhiger ist. Ich hoffe es bleibt so, dann hab ich ein “ Problem“ weniger

  4. I
    Ilka

    Es tut so gut zu lesen, wie sehr andere Mütter auch unter dem Schlafmangel leiden. In meinem Umfeld schlafen auch schon 3 Monate alte Babys durch, die Mütter starten schon wieder durch und unsere Eltern erinnern sich kaum noch daran.
    Manchmal tut es in solch harten Momenten einfach gut, zu hören, dass Übermüdung normal ist und es nicht an einem selbst ( oder dem Kind ) liegt. Danke!

  5. L

    Beim Lesen musste ich schon fast etwas schmunzeln, denn ich kenne die Gefühle der absoluten, allübergreifende Erschöpfung und die Gespräche darüber sehr gut! Durchschlafen ist etwas an dass ich mich noch aus meiner Studienzeit erinnern kann. Lang, lang ist es her… Seit dem bin ich zweifache Mama und das dritte Kind ist unterwegs. Was bleibt ist die Müdigkeit. Meine Kinder schlafen nicht durch, auch der Sohn mit seinen 5 Jahren nicht, wenn dann noch Krankheit dazu kommt ist die Katastrophe perfekt. Ein Geheimrezept? Wenn es jemand herausfindet möchte ich es gern wissen! Aber ja irgendwie hab ich mich daran gewöhnt. Ich blicke Baby Nr. 3 entspannt entgegen und hole den Schlaf nach, wenn die Kinder außer Haus sind. Denn irgendwie geht es ja bekanntlich immer weiter!

  6. A
    Andrea

    Ich habe mittlerweile zwei Vielschläfer-Kinder. Bei meiner Tochter zog sich das allabendliche Einschlaf-Jammern-und-Erzählen über Jahre manchmal stundenlang hin, bis ich einfach irgendwann hingenommen habe, dass ich abends nur ganz manchmal noch was anderes machen kann…ab dann konnte ich diese Abende viel mehr genießen…und heute freue ich mich über unsere enge Bindung, auch als 16-jährige erzählt sie mir abends noch gerne ihre innigsten Anliegen…wunderschön, so kurz vorm flügge werden…
    Mein Sohn schlief ab Geburt innerhalb weniger Minuten stillend ein und brauchte mich bzw sehr eindeutig und klar vorgetragen die Brust mehrmals in jeder Nacht, was er jedesmal vehement und lautstark einforderte…meine Nerven und Geduld wurden durch dreimal wöchentliches Mit-ihm-Schlafen-Gehen, einen Morgen-Kaffee im Bett und obligatorische Tagesschläfchen wenigstens zeitweise geschont…
    bis dann irgendwann sein 20. Milchzahn da war und er von einem Tag auf den nächsten nachts nicht mehr aufwachte…übergangslos von 4-6x stillen auf 0…
    ich wusste nicht, wie mir geschieht, wohin mit der Milch usw. Aber bis heute (er ist 6!) schläft er abends schnell ein und es kann eine Bombe explodieren: er schläft gern bis in die Puppen… und nun graut mir schon vor brachialen Weckmethoden zum Schulbeginn!!!!!
    Vielleicht schreibt ihr mal über bedürfnisorientierte liebevolle Weck-Varianten für Langschläfer-Schulkinder?! 😉 Liebe Grüße!

  7. T
    Tanja

    Diese permanente Erschöpfung ist echt fies. Ganz besonders leide ich unter den körperlichen Begleiterscheinungen des Schlafmangel. Bei meiner älteren Tochter (3 1/2) hatte ich lange Zeit mit Schwindel und Zittrigkeit zu kämpfen. Jetzt durchlaufe ich wieder anstrengende Nächte mit meiner zweiten Tochter (10 Monate) und kämpfe sehr mit Herzrhythmusstörungen. Das kann einen echt fertig machen….

  8. Z

    Ich musste über den letzten Satz schmunzeln, bis das nächste Kind kommt…
    Unser Zwergenkind hat seit seiner Geburt nie gut geschlafen, er braucht abends lange bis er von uns begleitet einschläft, wird nachts vier bis sechs mal wach und steht morgens zeitig auf . Auf die Frage, wann denn das zweite kommt, haben mein Mann und ich immer geantwortet „Wenn der Große besser schläft“
    Der Große ist inzwischen zweieinhalb und in fünf Wochen kommt der Kleine auf die Welt. An seinem Schlafen hat sich bislang nichts verändert, aber wir wollten keinen zu großen Altersunterschied zwischen den Kindern.
    Bis ich vom Gegenteil überzeugt werde, glaube ich ganz naiv daran, dass unser zweites Kind eins von den wenigen Ausnahmen ist, die mit wenigen Wochen durchschlafen 🙂

    Müde Grüße Sarah

  9. K
    Kathrin

    Und ganz schlimm ist es, wenn sie schon normalerweise durchschlafen, dann aber wegen Krankheit ständig aufwachen und natürlich werden unsere Kinder hintereinander krank, nicht miteinander, heißt erst 3 oder 5 schreckliche Nächte wegen dem einen, dann übernimmt der andere. Ich weiß nicht, ob das so schlimm ist, weil man es nicht mehr so „gewöhnt“ ist, oder einfach weil Schlafmangel eben schlimm ist…

  10. M
    Marlene

    Danke…. Mehr noch als die tatsächlich spürbare Müdigkeit finde ich allerdings dieses unterschwellige nicht richtig-ausgeschlafen-Gefühl… Das leicht reizbar macht und so.. kennt ihr, wa? 😉

  11. M
    Martha

    Das Mantra heisst: „Es wird besser – es wird besser – es wird besser….“
    Ich kann mich gut an diese bleierne Erschöpfung erinnern, diese Tage, an denen man hofft, es werde bald Abend und das Kind werde vielleicht heute drei Stunden am Stück schlafen. Wie oft ging ich mit diesem Gedanken zu Bett: „Drei Stunden am Stück wären WUNDERBAR!“
    Heute sind unsere Kinder 5 und 2 Jahre alt. Ich find die Nächte ein Kinderspiel, obwohl ich jede Nacht mindestens einmal aufstehe oder ein Kind ins Bett geschlüpft kommt oder beide Kinder husten oder ich morgens gerne noch etwas schlafen würde…. Aber sie schlafen.
    Wir haben das grosse Kind vier Jahre lang über Stunden in den Schlaf begleiten (müssen….manchmal war’s kaum mehr auszuhalten), das zweite Kind ist da etwas elternfreundlicher, was ein Geschenk ist.
    Heute wird gekuschelt, gesungen, eine Geschichte erzählt, aus dem Tag erzählt und beide Kinder finden mit diesen Ritualen oft sogar eigenständig in den Schlaf. Ich finde das wunderbar, auch, dass ihnen das gelingt und natürlich auch der Freiraum, der so entsteht für uns Grosse 🙂
    Nur Mut, es wird besser! Und alle, die es durch gemacht haben, können es nachvollziehen und nachfühlen, wie es gewesen ist, als man so müde wie noch nie war.

    1. S
      Sandra

      Der Text spricht mir aus der Seele. Der Große ist jetzt 5, aber schläft ungefähr seit er 3 1/2 ist nach dem Vorlesen und mit Kuscheln nach ca. 10 Minuten ein. Vorher war es gefühlt ein Kampf und ein ständiges Aufwachen in der Nacht. Die Kleine Dame wird jetzt 8 Monate und schläft seit ca. 2 bis 3 Monaten nicht mehr so toll. Vermutlich wird sich das auch noch etwas ziehen. Bis alle Zähne da sind, vernünftig gegessen wird oder man endlich laufen, krabbeln oder sprechen kann. Irgendwas wird doch immer verarbeitet;-)… Irgendwann wird es besser! Man muss nur abwarten.

  12. C
    Chris

    Ach es tut immer wieder gut, aufmunternde Worte zum Thema Schlaf zu hören. Nachdem ich vor einem Monat bei unserem fast 5 Monate alten Sohn dachte, jetzt wird es besser, weil er „nur“ noch zwei Mal nachts stillen wollte, haben wir jetzt eine Phase in der er fast stündlich aufwacht und nur durch anlegen wieder einschlafen kann. Das schlaucht so! Aber gut…nur eine Phase…. 🙂

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