Hebammen, die schon lange im Beruf sind, kennen die vielen Veränderungen in der Beikostberatung. Der Kontakt mit Lebensmittel die früher auf jeden Fall gemieden werden sollten, dienen heute sogar der Allergieprophylaxe. Und auch Gluten ist nicht mehr der Teufel persönlich. Empfehlungen ändern sich- immer wieder. Wasser gleich bleibt, sind die Sorgen und Fragen der Eltern.
Die Zeiträume für den Beikostbeginn schoben sich nach hinten und nach vorne. Aber früher wie heute gilt es auf das Kind und nicht auf den Kalender zu schauen. Pläne, an die sich nicht gehalten wurde, hab es auch schon immer. Die Eltern beruhigen, dass das alles so in Ordnung ist, war und bleibt ein elementarer Bestandteil der Beikostberatung
Beikost ohne Plan
In der Praxis gab es früher wie heute Babys, die sich herzlich wenig aus diesen ganzen Empfehlungen machen. Die sich nicht an Breipläne halten, auch mit zehn Monaten noch überwiegend stillen und dabei nicht vom prognostizierten Nährstoffmangel bedroht waren. Babys, die erst gar keine Lust darauf hatten, sich füttern zu lassen. Oder dieses Essen in breiiger Konsistenz überhaupt zu probieren. Es waren Babys, die mehr oder weniger aßen, als es die Beikosttabelle vorsah.
Babys, die es eine Woche so und die andere Woche so machten. Und neben diesen Babys gibt es auch immer Eltern, die ihre Babys einfach machen ließen. Die Vertrauen in ihr Kind haben. Mütter. Die sehen und wissen, dass ihr Kind gut gedeiht, auch wenn ganz anders isst, als der Beikostplan es für dieses Alter gerade empfehlen würde.
Stillen stillt nicht nur Hunger
Heute sehen etwaige Beikostpläne zwar etwas lockerer aus, aber Sorgen machen sich weiterhin viele Eltern. Die 2009 veröffentlichten und 2014 aktualisierten Leitlinien zur Allergieprävention machten den Weg dafür frei, dass Babys so gut wie alles an Lebensmitteln probieren durften. Es musste nicht mehr alles gedünstet werden. Und das mit dem Gluten war letztlich auch nicht so wie einst gedacht.
Trotzdem sind Pläne weiterhin Pläne. Sie suggerieren Eltern letztlich doch irgendwie, dass ihr Kind zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Menge Beikost essen sollte. Auch wenn im Kleingedruckten steht, dass natürlich das Baby bestimmt, wie viel es von der angebotenen Beikost zu sich nimmt. Oft steht da auch irgendwo unauffällig, dass das Stillen weiterhin sinnvoll ist. Aber gleichzeitig werden immer noch ganz klassisch die Stillmahlzeiten durch die Beikost ersetzt, so dass ein Baby mit zehn bis zwölf Monaten fast oder komplett abgestillt ist. Dass viele Kinder auch in der Beikostzeit phasenweise wieder ausschließlich stillen und am ersten Geburtstag weit entfernt vom Abstillen sind, steht nicht in vielen Beikostplänen- oder Büchern. Und das nicht nur aus Hunger gestillt wird, wird an diesen Stellen meist auch nicht erwähnt.
Beikostberuhigung statt Stress am Esstisch
Und darum ist Beikostberatung immer noch ein wichtiger Bereich in der Arbeit als Hebamme. Oft ist es eher einer Beikostberuhigung, denn in den allermeisten Fällen kann man Eltern versichern, dass sich ihr Kind absolut normal und altersgerecht verhält. Das sind die Kinder, die begeistert alles vom Esstisch haben möchten ebenso wie jene, die zunächst die Brust dem Broccoli vorziehen. Manche mögen vergnügt an Oliven lutschen. Wieder andere feuern alles vom Tisch, was ihnen liebevoll zubereitet wurde.
Da sind die Kinder, die schon ganz viel Brei oder Fingerfood gegessen haben und plötzlich wieder nur noch stillen wollen. Oder solche, die sehr monothematisch an das Thema Essen heran gehen. Es ist auch normal, das Kinder trotz Beikost nachts weiter recht häufig stillen. Ebenso ist es möglich, dass sich Kinder tatsächlich an Beikostpläne halten. Und es gibt die Kinder, die sich gefühlt für die Mutter viel zu früh abstillen. Und die Kinder, die Muttermilch oder Pre-Nahrung ziemlich lange als ihr Hauptnahrungsmittel betrachten.
Die Bandbreite, wie Babys das Thema Beikost angehen, ist wirklich sehr groß. Aber auch das Essverhalten und die Vorlieben von erwachsenen Menschen sind ja schließlich auch sehr individuell.
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