Drei Kinder, drei Mal schwieriger Stillstart

Dies ist der 30. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier). Heute erzählt Sabine ihre Stillgeschichte. Die 41-Jährige ist verheiratet und hat drei Kinder.

Bei allen drei Kindern war der Stillstart nicht einfach. Die Unterstützung sah jedes Mal anders aus. Dennoch hat Sabine ihren eigenen Weg zwischen mehr oder weniger sinnvollen Empfehlungen gefunden, um schließlich doch erfolgreich stillen zu können. Auch beim Abstillen hat sie ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Vor meiner Schwangerschaft habe ich mir wenig Gedanken über das Stillen gemacht. Ich hatte aber eine positive Einstellung zum Stillen. Ich weiß, dass mich meine Mutter etwa drei Monate lang gerne gestillt hat. Leider ist sie vor fast 20 Jahren gestorben, so dass ich sie nicht mehr dazu befragen konnte. In meiner Erinnerung hat sie positiv davon gesprochen und es gibt ein paar Fotos von uns beiden beim Stillen. Meine Schwägerin hat ihre Kinder drei, vier Jahre früher bekommen. Ich fand das Stillen bei ihr gut, allerdings dachte ich damals manchmal, dass sie sehr viel und lange stillt. Ich hatte aber keine Ahnung, wie ein Babyalltag aussieht und was ein Baby wirklich braucht.

Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Vor der ersten Geburt war mir klar, dass ich gerne stillen möchte. Ich bin auch fest davon ausgegangen, dass ich stillen werde. Ich habe ein bisschen darüber gelesen, aber mir war nicht klar, dass es eventuell schwierig sein könnte. Der Gedanke war: Man legt das Baby an, vielleicht muss es sich ein bisschen einspielen, man muss ein bisschen üben und dann läuft es. Die damaligen Schwangerschaftsratgeber haben einem diesen Verlauf suggeriert. Ich wurde dann ziemlich überrascht und war irgendwie sauer auf die Bücher, weil alles viel schwieriger und anders war. Ich fand, dass der Babyalltag und das Stillen viel zu ungenau und zu rosig beschrieben waren.

Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Ich war zu allen drei Geburten im Krankenhaus und hatte natürliche Geburten mit einer tollen Beleghebamme. Ich habe die Babys immer kurz nach der Geburt im Kreißsaal angelegt. Es klappte gut und ich war total glücklich.

Mehr als zehn Prozent abgenommen zur U2

Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung? Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Bei meiner ersten Tochter blieb ich bis zum dritten Lebenstag im Krankenhaus und wollte nach der U2 nach Hause. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass sie mehr als zehn Prozent abgenommen hatte. Sie wurde bei der nächsten Stillmahlzeit vor und nach dem Stillen gewogen. Da sie nur zehn Gramm mehr wog, bekam ich eine Milchpumpe und ein Fläschchen mit herkömmlichen Sauger. Am nächsten Tag wurden wir mit besserem Gewicht und einem Rezept für eine Milchpumpe entlassen.

Für die Nachsorge zuhause kam eine andere Hebamme, weil die Beleghebamme zu weit entfernt wohnte. Als diese Hebamme von diesem Verlauf hörte, stöhnte sie und meinte, dass ich versuchen sollte, die Pumpe und Flasche nicht zu benutzen, da sie erst am nächsten Tag kommen würde. Ich musste die Pumpe leider benutzen, da das Stillen schon nicht mehr gut klappte. Beim ersten Hausbesuch fragte sie mich, ob ich wirklich stillen wollte, denn es könne jetzt für ein bis zwei Wochen wirklich anstrengend werden.

Ich wollte unbedingt und wir haben die Pumpe und Flasche nie wieder benutzt. Sie hat mir das Stillen in den folgenden zwei Wochen häufig gezeigt. Sie hat unsere Tochter kein einziges Mal gewogen. Unsere Tochter hat in den ersten drei Wochen nur auf unserem Oberkörper richtig geschlafen. Im Bett oder neben uns ging es nicht. Die Tage waren sehr anstrengend. Es ging nur um das Stillen und ich war so müde. Ich fand die ersten beiden Wochen des Wochenbetts nicht schön. Es hat insgesamt wohl zwei Wochen gedauert, bis ich merkte, dass sie endlich effektiver an der Brust trinkt.

Zufütterung von Muttermilch aus der Special Needs-Flasche

Bei meinem zweiten und dritten Kind bin ich jeweils nur eine Nacht im Krankenhaus geblieben, um einerseits die U2 später und entspannter bei unser Kinderärztin machen zu können und um bei dem älteren Kind bzw. den Kindern sein zu können.

Das Wochenbett bei Kind zwei war etwas leichter. Ich hatte eine andere Hebamme für die Nachsorge, die die erneute schlechte Gewichtszunahme anders handhabte. Wir haben zunächst zwei Tage mit Becher zugefüttert, was nicht ausreichte. Anschließend haben wir haben unserer Tochter für drei bis vier Tage zusätzlich eine spezielle Special Needs-Flasche gegeben, weil bei dieser Flasche angeblich keine Saugverwirrung auftritt. Ich war skeptisch und ängstlich. Aber nach drei, vier Tagen hatte sie ausreichend zugenommen. Ich merkte, dass sie richtig und effektiv trank. Wir haben die zusätzlich Fütterung mit der Flasche dann beendet.

Beim dritten Kind betreute mich die gleiche Hebamme wie bei Kind zwei. Nach zwei bis drei Tagen gab es das gleiche Problem wie bei den ersten Kindern. Sie nahm ab und hatte keinen Stuhlgang. Ich war enttäuscht und wir haben wieder mit der Zufütterung von Muttermilch aus der Special Needs-Flasche begonnen. Allerdings machte das Drittkind keine Fortschritte innerhalb einer Woche.

Sie trank plötzlich wieder besser

Im Gegenteil, ich hatte das Gefühl, dass ihre Saugtechnik an der Brust langsam immer schlechter wurde. Ich war total verzweifelt, wie selten in meinem Leben. Ich habe daraufhin viel gelesen und versucht (hinter dem Rücken meiner Hebamme) eine Stillberaterin zu finden, da ich große Zweifel an der Strategie meiner Hebamme hatte. Eine Stillberaterin bekam ich nicht, da Ferienzeit war und einige Feiertage anstanden.

Die telefonische Beratung der La Leche Liga und meiner Schwägerin waren mir die beste Hilfe, die ich bekommen konnte. Wir haben die zusätzliche Flaschenfütterung einfach beendet, obwohl sie schlecht trank und haben auf einen ganz kurzen Stillrhythmus (alle zwei Stunden) umgestellt. Irgendwie hat es dann funktioniert. Sie trank plötzlich wieder besser. Es hat trotzdem dreieinhalb Wochen gedauert, bis sie ihr Geburtsgewicht wieder erreicht hatte. Ich war in dieser Zeit emotional total labil.

Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Neben La Leche Liga und meiner Schwägerin vor allem meine Schwiegermutter, sie hat mich im Wochenbett gut unterstützt. Sie hat den Haushalt gemacht und gut gekocht. Mein Mann musste immer sehr intensiv arbeiten.

Nur noch das Einschlafstillen praktiziert

Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Bei Kind eins habe ich Brei ganz grob nach Beikostplan gefüttert. Es lief mal besser, mal schlechter. Das Stillen hat sich nur langsam reduziert. Ich habe mich teilweise davon irritieren lassen, dass man das Stillen reduzieren soll. Bei den beiden letzten Kindern habe ich Brei und Baby-led weaning angewendet. Je nach Lust des Babys. Es hat auch wieder mehrere Monate (etwa fünf) gedauert, bis sie relativ gut gegessen haben. In der Zeit habe ich mal mehr, mal weniger gestillt. Ich habe die Stillmahlzeiten langsamer reduziert als beim ersten Kind.

Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Bei Kind eins habe ich das Stillen nach zehneinhalb Monaten beendet, weil sie gut aß und sie das Stillen nicht mehr richtig einforderte. Ich dachte, dass muss so sein. Ich fand die Abhängigkeit und die Geschichten von Langzeitstillenden nicht so gut. Später fand ich es eher schade, dass wir nach zehneinhalb Monaten aufgehört haben.

Bei Kind zwei haben wir mit zwölf Monaten tagsüber aufgehört und nur noch das Einschlafstillen praktiziert. Das haben wir dann mit kurzem Protest mit 17 Monaten beendet, als ich für drei Tage und Nächte verreist war. Kind drei ist nun 17 Monate alt und wir praktizieren auch nur noch das Einschlafstillen. Mal sehen wie lange noch. So wie es bei Kind zwei und drei gelaufen ist, fühlt es sich für mich und wahrscheinlich auch für das Kind gut an.

Stillen ist ein Mittel für alles

Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Das Stillen ist ein Mittel für alles: Hunger, Nähebedürfnis, Einschlafhilfe, Trösten usw. – ich bin froh, dass das Stillen geklappt hat. Meine Kinder haben selten lange geweint.

Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Der Anfang des Stillens.

Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Schwierig. Man braucht eine gute Hebamme oder Stillberaterin, bei vielen klappt es auch ohne große Schwierigkeiten. Wenn man eine Hebamme hat (und es ist inzwischen schwierig, eine zu finden), dann weiß man leider vorher nicht, ob man gut miteinander klarkommt. Außerdem: Es hat sich gelohnt, für das erfolgreiche Stillen zu kämpfen. Es war nach den anfänglichen Schwierigkeiten so schön, praktisch und einfach zu stillen.

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