Eltern von Babys wissen heute: Es ist richtig und normal, dass Babys und Kleinkinder anders schlafen als Erwachsene. Der Schlaf von Kindern entwickelt sich über die Zeit. Alle Versuche, ihn durch Schlaftrainings zu manipulieren, können sich negativ auf die Entwicklung, das Sicherheitsempfinden und die Bindungsbeziehung auswirken. Dennoch gibt es einige Aspekte, auf die Eltern achten können, damit das Baby gut schläft und sich von Anfang an eine gesunde Schlafhygiene entwickelt.
Wenn wir darüber nachdenken, dass Babys und Kleinkinder anders schlafen als Erwachsene, denken wir häufig an die Schlafmenge und die Aufwachphasen, die es Eltern oft besonders schwer machen. Weniger bekannt ist jedoch, dass sich auch die Abfolge der Schlafstadien unterscheidet – und das hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie wir mit dem Babyschlaf umgehen können.
Während der Schwangerschaft verbringt das Baby die meiste Zeit in einem schlafähnlichen Zustand. Erst gegen Ende der Schwangerschaft werden die Wachphasen häufiger, bleiben aber im Vergleich zum Schlaf kurz. Besonders hoch ist der Anteil an REM-Schlafphasen – jenem aktiven Schlafstadium, das nach den schnellen Augenbewegungen unter den Lidern benannt ist. Diese Phase ist wichtig für das Lernen, die Gedächtnisbildung und das emotionale Gleichgewicht. Hier wird entschieden, welche Informationen gespeichert und welche aussortiert werden.
Babyschlaf ist anders
Beim Erwachsenen ist der REM-Schlaf die letzte Phase in einem der etwa fünf Schlafzyklen pro Nacht (Eindösen, stabiler Schlaf, Tiefschlaf, REM-Schlaf). Neugeborene hingegen gelangen direkt in den REM-Schlaf, da es für sie besonders wichtig ist, Lernerfahrungen zu verarbeiten und sich an die neue Lebensumgebung anzupassen.
Es ist also sinnvoll, dass ein Baby seinen Tag zwischen Wachphasen (Input) und Schlaf (Verarbeitung und Lernen) aufteilt. Diese „Schlafhäppchen“ sollten wir dem Baby zugestehen – und uns selbst möglichst viele Ruhepausen parallel gönnen. Auch wenn man nicht einschlafen kann, hilft es, sich einfach auszuruhen. Schließlich lernen auch Eltern gerade enorm viel, indem sie ihr Baby kennenlernen.
Da der REM-Schlaf ein recht leichter Schlaf ist, wacht das Baby recht schnell auf, wenn es sich nicht mehr sicher fühlt. Direkt nach dem Einschlafen lassen sich junge Babys daher nur schwer ablegen. Es ist sinnvoll, dies zu berücksichtigen, damit das Baby sich wirklich ausruhen und das Gehirn seine jetzt wichtige Arbeit verrichten kann. Es ist also hilfreich, nicht zu versuchen, das Baby sofort in das Bett oder auf einem anderen sicheren Platz zum Schlafen abzulegen. Besser ist es, einen Moment zu warten, bis es wirklich tief schläft.
Der Tag bereitet den Schlaf vor
Nicht nur das Ablegen des Babys beeinflusst den Schlaf, sondern auch der Tagesablauf. Der Einfluss auf den Schlaf beginnt nicht erst mit dem Abendritual – Tag und Nacht stehen in Verbindung. Wir kennen das von uns selbst: Nach einem aktiven Tag sind wir abends anders müde als nach einem ruhigen.
Für Babys bedeutet das, dass wir ihren Tag bewusst gestalten und Verständnis dafür haben sollten, wenn sich die Einschlafzeit je nach Erlebnissen verschiebt. Eine Balance zwischen Anspannung und Entspannung unterstützt auch den Schlaf am Abend. Die ganze Welt ist neu für das Baby: all die Gerüche, Körperempfindungen, Seheindrücke, Gehörtes. Wenn das Baby viele Eindrücke sammelt, beispielsweise weil wir in einem Shoppingcenter einkaufen oder Familienbesuch haben, ist das unglaublich viel. Es wirkt stimulierend und will verarbeitet werden.
Gerade Kinder, die von ihrem Temperament sensitiver sind und eine niedrigere Reizschwelle haben, können von vielen Eindrücken überlastet werden. Sie brauchen zwischendurch gute und möglichst ruhige Erholungszeiten, um nicht erst am Abend, wenn endlich mehr Reizreduktion herrscht, alles verarbeiten zu können. Spaziergänge an der frischen Luft sind eine gute Möglichkeit, Reize in einem verträglichen Rahmen zu bieten. Auch wenn es draußen viel zu entdecken gibt, ist ein Spaziergang oft weniger überwältigend als ein Einkauf. Zudem unterstützt Tageslicht – mit dem nötigen Sonnenschutz für Babys – den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus.
Das Gefühl von Sicherheit vermitteln
Natürlich spielt auch die Abendgestaltung eine wichtige Rolle. Einschlafen bedeutet Loslassen – dafür brauchen Babys, Kleinkinder und auch wir Erwachsenen ein Gefühl von Sicherheit. Während wir wissen, dass unser Schlafort sicher ist vor Überhitzung, Kälte und Gefahren, weiß das Baby dies noch nicht.
Das Baby, als durchaus kompetenter, aber auf die Versorgung von erwachsenen Bezugspersonen angewiesener Mensch, empfindet Sicherheit bei seinen nahen Bezugspersonen. Sie können vor Kälte schützen, Überwärmung beachten, sie können nähren und vor sonstigen Gefahren bewahren. Daher ist es verständlich, dass das Baby nicht allein in den schutzlosen Bewusstseinszustand des Schlafes übergehen kann und will, sondern in Anwesenheit eben dieser persönlichen Sicherheit.
Nach und nach wird es verstehen, dass auch ohne Bezugspersonen der Schlafort sicher ist. Oft sind dafür im Laufe der Kindheit kleine Schritte Wegbereiter. Vielleicht braucht es noch ein Nachtlicht, vielleicht es noch ein Kuscheltier und die Möglichkeit, bei einem schlechten Traum doch wieder zu den Eltern ins Bett laufen zu können. Zu beachten, dass wir das Gefühl von Sicherheit ausbauen aus unserer Sicherheit heraus, ist eine große Hilfe für das Kind.
Abendrituale
Rituale geben Sicherheit – nicht nur Babys, sondern auch uns Erwachsenen. Ein immer ähnlicher Ablauf signalisiert: Jetzt beginnt die Ruhezeit. Abendrituale sollten einfach und nicht zu aufwendig sein – schließlich sind auch Eltern am Ende eines Tages oft erschöpft. Kleine, wiederkehrende Impulse reichen aus, um Struktur zu geben und den Tag ruhig ausklingen zu lassen. Beispiele für solche Rituale sind:
- das Ausstreichen des Körpers beim abendlichen Wickeln (ganz einfache Massage)
- ein schönes, beruhigendes Gute-Nacht-Lied
- ein ruhiger Abendspaziergang draußen
- ein kleiner Abendspaziergang durch die Wohnung
- ein bestimmter Ablauf, den Schlafort herzurichten
Diese kleinen Gewohnheiten können helfen, den Übergang in den Schlaf geborgen zu gestalten.
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