Eltern, die eine so ganz anders als geplant verlaufene Geburt erlebt haben, sagen oft hinterher: „Das hätte man uns mal jemand im Geburtsvorbereitungskurs sagen sollen.“ Hebamme sprechen in der Geburtsvorbereitung auch von anders verlaufenden Geburten, von operativen Eingriffen und auch vom Kaiserschnitt. Sie erklären, zeigen Bilder und beantworten Fragen. Doch sind Eltern damit auf alles vorbereitet, was kommen könnte? Wahrscheinlich nicht. Und was wiederum macht es mit dem Vertrauen in die eigene Gebärfähigkeit, wenn sämtliche Komplikationen bis ins letzte Detail besprochen werden? Dennoch verlaufen nur noch weniger als zehn Prozent aller Geburten überhaupt komplett ohne Interventionen in Form von medizinischen Eingriffen ab, so dass es wichtig ist, Eltern auch ein realistisches Bild zu vermitteln.
Zu spät für andere Optionen
Im Kurs wir besprochen, wie die Begleitung durch die Hebamme in den einzelnen Geburtsphasen aussieht. Letztendlich sind aber Qualität und Quantität dieser Betreuung abhängig vom Personalschlüssen und dem Geburtenaufkommen an diesem Tag oder in dieser Nacht. Für manche Eltern ist diese mögliche Unsicherheit ein Anlass, sich um eine Beleghebamme zu kümmern.
Wenn die Paare im Wochenendkurs sitzen, sind es allerdings meist nur noch wenige Wochen bis zum errechneten Geburtstermin. Es ist dann eher sehr unwahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt noch eine freie Hebamme für eine 1:1-Betreuung zu bekommen. Selbst sich noch in einer anderen Klinik anzumelden, ist dann meist nicht mehr möglich. Also gilt es das Beste aus den noch verbliebenen Optionen machen.
Worauf soll die Geburtsvorbereitung nun also vorbereiten? Auf die normale bzw. interventionsfreie Geburt, wie es sie kaum noch gibt? Darauf, dass Eltern zumindest wissen, was alles auf sie zukommen kann und sie es nicht erst untern Wehen das erste Mal davon hören? Gute Hoffnung vermitteln, die aber möglicherweise fernab der Realität ist?
Recht auf einen guten Anfang
Jedes Elternpaar in einem Kurs bringt seine eigene Geschichte mit. So wird man niemandem in einem 14-stündigen Geburstvorbereitungskurs das Vertrauen in den eigenen Körper und die Gebärfähigkeit zurückgeben können, wenn schon viele Untersuchungen und Äußerungen in der Schwangerschaft Eltern extrem verunsichert haben. Vielleicht ist dann eine selbstbestimmte Bauchgeburt der passendere Weg. Eltern, die sich vielleicht gerade auf eine Hausgeburt vorbereiten, haben ganz andere Wünsche und Vorstellungen.
Jede und jeder sitzt mit ganz unterschiedlichen Erfahrungen und daraus resultierenden Wünschen im Kurs. Es ist ein eher unpassender Zeitpunkt, das bisher Erlebte nun umfänglich in Frage zu stellen. Die Erwartungen an Geburtsvorbereitungskurse sehen so unterschiedlich aus, wie die Menschen, die sie besuchen. Es bleibt also nicht aus, dass auch manche Eltern enttäuscht aus dieser Veranstaltung gehen. Die einen werden sagen, dass es ihnen zu unrealistisch oder vielleicht zu „natürlich“ war. Die anderen werden sich an zu ausführlichen Beschreibungen von eher unangenehmen Aspekten stören, die ihnen vielleicht sogar Angst gemacht haben.
Es ist eigentlich nicht machbar, zehn Paare, also zwanzig verschiedene Menschen, in einem Kurs ganz individuell auf ein so persönliches und individuelles Ereignis wie die Geburt vorzubereiten. Trotzdem sind Geburtsvorbereitungskurse sinnvoll. Viele Punkte können zwar einfach nur angestoßen werden, aber führen vielleicht dazu, dass Eltern sich bewusst machen, dass sie das Recht auf einen guten und gut begleiteten Anfang haben. Dass sie die Hauptakteure in diesem Geschehen sind und ihre Selbstbestimmung nicht auf der Strecke bleiben darf. Auch und gerade dann, wenn die Geburt dann letztlich ganz anders als erwartet verläuft.
- Nehmt euch aus dem Geburtsvorbereitungskurs mit, was für euch passt. Auch bei der Geburt selbst wirst du merken, dass vielleicht im Kurs als angenehm empfundene Positionen unter Wehen gar nicht für dich passen. Oder die Massage, die du im Kurs eher lustig fandest, dir nun total gut tut.
- Bleibe bei dir mit deinen Wünschen für die Geburt. Vergleiche dich nicht mit anderen Kursteilnehmenden. Jede werdende Familie bringt ihre eigene Geschichte mit.
- Bespreche individuelle oder im Nachhinein aufkommende Fragen mit deiner Hebamme. Auch deine Wochenbetthebamme ist dafür eine passende Asnprechpartnerin
- Geburt ist nicht planbar- sei also auch offen für mögliche Planänderungen. Eine schöne und selbstbestimmte Geburt ist nicht zwingend von einem bestimmten Geburtsmodus abhängig.
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