Babys tragen – leicht gemacht

Dass Babys Traglinge sind, wissen inzwischen viele (werdende) Eltern. Babys wollen mitgenommen werden – und das gerne mit viel Körperkontakt. Ein Tragetuch oder eine Komforttrage erleichtern den Tragealltag. Doch immer wieder mal haben Eltern Vorbehalte, weil sie befürchten beim Tragen etwas falsch machen zu können. Worauf es wirklich ankommt, erfährst du in diesem Beitrag.

Tragefragen und Tragetrends

Das Tragen hat sich in den letzten Jahren professionalisiert. Es gibt ausgebildete Trageberaterinnen oder sogar eigene Trage-Fachgeschäfte. Eigentlich gut, dass es so viel Unterstützungsmöglichkeiten gibt. Manchmal macht Eltern das inzwischen sehr große Trageangebot aber auch Sorgen. Was kann alles dazu führen, dass das Kind am Ende „schief gewickelt“ ist.

Falsches Material, falsche Länge, falscher Knoten und überhaupt erst die unflexiblen Fertigtragen – alles falsch. Und auch bei den Bindetechniken kann die vor kurzem noch empfohlene Variante plötzlich das absolute No-Go sein. Denn wie in vielen Bereichen rund ums Baby ändert sich die Meinung zum Thema Tragen auch gefühlt stündlich. Was vor Jahren beim ersten Kind noch das Nonplusultra im Tragebereich war, käme heute der Tragetodsünde gleich.

Tatsächlich gibt es Tragevarianten, die es dem tragenden Elternteil leichter oder schwerer machen und die für das Baby mehr oder etwas weniger angenehm sind. Oft sind das aber eher Nuancen. Und mit der schnellen Entwicklung eines Babys verändert sich auch der Tragealltag immer wieder. Dennoch ist eine gute fachliche Beratung eine gute Investition. Aber man muss eben auch nicht gleich die tolle, teure, aber vielleicht ergonomische nicht ganz perfekte Komforttrage verbannen. Oft lassen sich mit kleinen Modifizierungen viele Tragen noch etwas besser anpassen.

Die wichtigsten Trage- Basics

Es gibt ein paar wichtige zu beachtende Dinge beim Tragen. Diese lassen sich mit den meisten Tüchern und Tragen auch umsetzen.

  • Alle Babys sind Traglinge und erwarten engen Körperkontakt. Sie nehmen beim Hochheben automatisch die Anhock-Spreizhaltung ein, die durch passende Tragetücher oder Komforttragen unterstützt wird. 
  • Das Tuch oder die Tragehilfe muss von Kniekehle zu Kniekehle reichen, das Baby gut gestützt und auf Kopfkusshöhe sitzen. 
  • Kleine oder eingeschlafene Babys brauchen genug Halt für ihr Köpfchen.
  • Babys sollten nicht mit Blick nach vorn getragen werden. Diese Haltung ist eher nicht physiologisch für die Hüfte und den Rücken des Babys und kann Druck auf die Geschlechtsteile des Babys ausüben. Auch für die tragenden Eltern ist diese Haltung ungünstig. Zudem ist das Baby so einer permanenten Reizüberflutung ausgesetzt, von der es sich nicht zurückziehen kann. 
  • Babys, die „mehr sehen“ möchte, können prima seitlich auf der Hüfte oder dem Rücken getragen werden.

Worauf es beim Tragen wirklich ankommt

Auch durch eine mal nicht so ideal gebundenen Trage geht ein Baby nicht gleich „kaputt“. Oft bekommen der die Eltern die Quittung zum Beispiel in Form von Rückenschmerzen. Was du zum Tragen bei Rückenschmerzen oder Beckenbodenproblemen wissen solltest, erfährst du in diesem Artikel.

Neben den ganzen technischen Fragen, ist es wichtig, immer auch daran zu denken, worum es bei der ganzen Sache mit dem Tragen eigentlich geht:

  • Kleine Kinder und ihre Eltern spüren Nähe, Bindung und Liebe beim Tragen.
  • Tragen verlängert sozusagen noch ein bisschen die Bauchzeit und hilft beim Ankommen auf der Welt.
  • Tragen erleichtert den Alltag. Es macht die Hände frei zum Beispiel für die ebenso bedürftigen kleinen großen Geschwister. Außerdem sind Tuch oder Tragehilfe in vielen Situationen (öffentliche Verkehrsmittel, Wald, Strand, voller Wochenmarkt…) dem Kinderwagen weit überlegen.
  • Getragen können Babys in Geborgenheit nach und nach die Welt entdecken mit genug Gelegenheit zum Rückzug, wenn alles zu viel wird.
  • Das Tragen hilft bei Bauchweh, bei Gebärmutterheimweh oder auch, wenn das Baby oder Kleinkind mal krank ist.
  • Es ist normal, denn Menschenkinder sind nun mal Traglinge
  • Alle Babys werden irgendwie getragen. Das Tragetuch macht es nur wesentlich bequemer, als den kleinen Lieblingsmensch immer nur auf dem Arm zu schuckeln.
  • Es ist einfach schön. Punkt.

Die passende Trage finden

All die genannten Punkte gelten erst einmal für jede Tragevariante. Natürlich gibt es empfehlenswerte Trageweisen, die die Anatomie des Säuglings und die des Tragenden ausreichend berücksichtigen. Aber der Wunsch der Eltern sollte nicht von Fachpersonal ausgebremst werden, weil die schon angeschaffte Trage nicht alle Anforderungen erfüllt. Vielleicht kann man hier mit ein paar Anpassungen die Trageweise noch verbessern.

Am besten ist es natürlich, wenn Eltern schon vor der Geburt gut beraten werden und so die richtige Wahl im Tragedschungel finden. Wenn Eltern wissen, wie so ein Babyrücken gestützt werden muss und was es mit der Anhockspreizhaltung auf sich hat, werden sie selbst erkennen, dass eine Trage, die den Rücken platt festdrückt und die Beinchen wahlweise überspreizt oder nach unten baumeln lässt, keine so empfehlenswerte Trageoption ist. Das fällt Eltern in der Regel schnell auf beim Tragen. 

Ein Tragetuch ist unschlagbar in Anpassungsfähigkeit und Flexibilität. Aber auch hier müssen Eltern vernünftig zum guten Binden angeleitet werden. Sonst hängen die Kinder genauso leidlich im Tragetuch drin wie in der ungeeigneten Fertigtrage. 

Individuelle Trageberatung

Eltern sollten wissen, dass das Fachpersonal in allgemeinen Babygeschäften nicht immer über ausreichendes Tragewissen verfügt. Dort werden oft einfach nur die Herstellerangaben zitiert. Und natürlich hält da jedes Unternehmen sein Produkt für das Beste. 

In speziellen Tragegeschäften ist es möglich, unter kompetenter Beratung eine breite Auswahl zu probieren, oft mit entsprechenden Tragepuppen unter realistischeren Bedingungen.

Weder bei den Komforttragen noch bei den verschiedenen Bindeweisen, gibt es einen Deckel, der auf alle Töpfe passt. Und es ist wirklich entscheidend darauf zu achten, womit sich die Eltern wohl fühlen. Die tollste Trage wird wenig bis gar nicht zum Einsatz kommen, wenn sie den Eltern zu kompliziert erscheint.

Eigenen Weg des Tragens finden

Dabei hilft in eine kompetente und individuelle Beratung durch entsprechend geschulte Hebammen oder spezialisierte Trageberaterinnen. Und dafür ist es wichtig, dass die Beratenden sich gut auskennen – wie überall in der Beratung von Eltern.

Man muss viel wissen, um Eltern so zu informieren, so dass sie letztendlich ihren eigenen guten Weg finden können. 

Genauso wenig, wie die meisten Stillberaterinnen der immer wieder zitierten „Stillmafia“ angehören, sind sich auch die allermeisten Trageberaterinnen darüber bewusst, worum es wirklich geht: Nicht um den perfekten Knoten im Tuch, sondern um gern und liebevoll getragene Kinder und ihre damit glücklichen Eltern – in welcher (Binde-)Weise auch immer.

Autor.in dieses Beitrags

Beitrag veröffentlicht

zuletzt Aktualisiert am

in

,

Von

empfehlungen von Weleda

Kommentare

12 Antworten zu „Babys tragen – leicht gemacht“

  1. A
    Alina

    Ja! Ich war in der Schwangerschaft völlig verzweifelt und hätte mich beinahe komplett gegen Tragen im Tuch oder Tragehilfe entschieden, weil ich das Gefühl hatte, dass man es, egal wie man es macht, falsch macht. Irgendwer findet immer einen Fehler. So schien mir tragen bald gefährlicher als einfach den Kinderwagen zu nehmen – was man da alles schädigen kann, Rücken, Hüfte, Nacken, Beine…. Meine Hebamme hat mir den Stress nehmen können und mich auf den Boden zurückgeholt 🙂 heutzutage kann einfach alles was Babys betrifft, zu einer​ Wissenschaft gemacht werden

  2. […] Wichtigste am Tragen von Babys ist für mich, dass sie überhaupt getragen werden. Erst danach kommt die Frage nach der optimalsten Tragehilfe und der besten Bindetechnik. Gerade im […]

  3. M
    Meise mit Herz

    Den Eltern mit dem schon teuer erstandenen Babybjörn könntest du empfehlen, ein Handtuch aufzurollen und auf den zu kurzen Steg zu legen, um ihn so dem Kind anzupassen. Und natürlich aufklären, warum man nicht auf die Abbildungen auf der Verpackung (Gesicht nach vorne) hören sollte. 😉

  4. K

    Jein.
    Ja, das Tragen ist fürs Bonding und die Psyche etc. grundsätzlich etwas Schönes und Gutes.
    ABER, als Trageberaterinnen sollten wir uns trotzdem mit den anatomischen Gegebenheiten von Tragehilfe auseinandersetzen, die nötigen Kenntnisse selber anwenden und unsere Kundinnen und Kunden entsprechend beraten und eben nicht „mach wie du willst, die sind alle gleichwertig“. Aus Bonding-Sicht mag das stimmen, aus medizinischer Sicht stimmt es definitiv nicht, weder für das Kind noch für die Trageperson.
    Was nicht heisst, das wir eine Religion daraus machen oder ohne Beratungsauftrag die Leute in den Strassen erschrecken sollten – Aber wenn uns jemand bezahlt, damit wir ihn tragemässig beraten, dann gehören die gesundheitlichen, orthopädischen, physiologischen und anatomischen Aspekte unbedingt auch dazu. Auch das Abraten von gewissen industriellen Fertigtragen, bei denen bekannt ist, dass die Hüftstellung, die Stützung des Rückens und des Kopfes lichtjahreweit vom Optimum entfernt sind. Sonst machen wir als Beraterinnen unsere Arbeit nicht richtig.

    1. A
      Anja

      Liebe Katharina,

      ganz klar Deiner Meinung. Die Leute, die sich eine Trageberatung „gönnen“, sollen natürlich vernünftig beraten werden und sich am besten auch erst dann etwas Passendes anschaffen. Aber diese Eltern sind ohnehin daran interessiert viele Informationen zu erhalten, um bestmöglich zu tragen. Ich komme allerdings oft zu Müttern als Hebamme/ Stillberaterin, die sich schon für irgendetwas weniger Sinnvolles entschieden haben oder nach nicht gut begleiteten Tragetuchversuchen plötzlich die „Gruseltrage“ der Freundin als Traegoffenbahrung erleben. Da würde ich dann ungern alle Euphorie ausbremsen, in dem ich erst einmal verkünde, was die Trage „alles am Kind kaputt macht“ (was letztendlich auch zu beweisen wäre). Besonders wenn ich nicht danach gefragt werde. Passend dazu habe ich gerade diese schönen Tragebilder entdeckt: http://hauptstadtmutti.de/streetstyle-mom/ein-nest-in-mamas-baby-tragetuch
      Und ja, es ist ein elastisches Tuch, zu lose gebunden und das Kind ist auch nicht auf Kopfkusshöhe… aber ich finde, die Mama sieht stolz, glücklich und sehr zufrieden aus. Und falls sie doch Fragen hat, soll sie natürlich bestmöglich beraten werden:)
      Liebe Grüße, Anja

    2. K
      Katrin

      Ich denke, eine gute Beratung sollte so laufen, dass die Eltern von selbst drauf kommen, dass ihre bereits erworbene Tragehilfe evtl. Mist ist. Das muss man den Eltern gar nicht direkt sagen. Die gesundheitlichen, orthopädischen, physiologischen und anatomischen Aspekte erwähnt man selbstverständlich, das gehört dazu. Das Abraten von manchen Fertigtragen muss dabei aber genausowenig direkt auf das Elternmodell abzielen. Das geht ganz diskret, wenn man selbst Tragehilfen zur Beratung mitnimmt und den Eltern vorlegt und sie fragt, welche sie davon und warum wählen würden – einfach als kleine Übung und ganz ohne Kritik am bereits erworbenen Modell. Nichts ist schlimmer, als wenn sich eine Beratung als Besserwisser entpuppt und die Kompetenz der Eltern infrage stellt. Hauptziel sollte trotz aller Mängelmodelle und falscher Bindeweisen immer noch die positive Beziehung der Eltern zum Kind stehen, finde ich.

  5. F

    Danke!

    Schade finde ich, dass man mittlerweile in bestimmten Kreisen schief angeguckt wird, wenn man sein Kind nicht oder nur selten trägt. Auch das ist absolut typabhängig, bei Eltern UND Kindern.

    Deshalb: transportiert doch Eure Kinder, wie Ihr wollt!

    1. S
      Simone

      Ja, da muss ich leider zustimmen:(
      Tragen scheint bei einigen zum Lebensinhalt geworden zu sein.

  6. J

    Vielen Dank, super zusammengefasst!
    Es gibt eben auch einfach nicht DIE Tragehilfe, die für jede(n) passt. Ich selbst habe sogar jedes meiner drei Kinder jeweils anders getragen. Ob Tragetuch, Ergobaby, Mei Tai, Sling oder manduca, jedes Kind hatte seine speziellen Vorlieben. Und dann kam es auch teilweise auf die Situation an: kleines oder größeres Kind, langer Spaziergang oder nur schnell vom Auto zum Arzt….
    Deshalb lasse ich bei meinen Trageberatungen die Eltern auch immer ganz viel ausprobieren, damit sie ein Gefühl dafür bekommen, was ihnen (und ihrem Baby) am besten gefällt.

    LG
    Tanja

  7. R

    Das kann ich nur unterstreichen. Um ehrlich zu sein, habe ich mehrere Tragen. Ein Tuch für die ganz Kleinen, eine fertige Tragehilfe, die der Papa gern benutzt und am liebsten sind mir die Slingtücher. Davon habe ich 2. Die habe ich auch bei Baby 2 vom ersten Tag an benutzt und es ärgert mich sehr, dass gerade über Slings so wenig bekannt ist. Man kann sie kaum im Geschäft erwerben. dabei sind das die einfachsten und geschicktesten Dinger überhaupt! Und für ungeübte gibt es die schon als Beutel vorgenäht.
    Allerdings finde ich auch hier: Man braucht nicht zwingend eine Trageberaterin, die einem dann auch nur ihre Meinung kund tut. Man kann auch sein Kind beobachten und so das passende für jede Situation finden.
    Masslos ärgert mich, wenn ich in diesen blöden Babygeschäften nur schnell etwas holen will und dann ein schreiendes 4-wöchiges Baby mit gespreizten Beinen in einen Manduca gezwängt wird. Das ist eine gute Trage, aber das Personal hat einfach nicht die leisteste Ahnung, dass man so kleine Babys anders da reinsetzten muss. Unmöglich sowas. Ich dränge mich dann jeweils auf und rede ein paar Worte mit den Eltern. Schreit das Kind wie am Spieß mit hohen Schmerzensschreien, stimmt etwas nicht. Das sollten Eltern wohl merken. Das war auch immer mein Barometer bei meinen Kindern.
    Und was auch nie wirklich empfohlen wird, was sich aber sehr lohnt bei Eltern, die das mit dem Tragen wirklich ernst meinen und/oder mehrere Kinder wollen: Eine Tragejacke. Sowas sollte man sich leisten, wenn man mehrere Jahre trägt. Sagt einem aber keiner und auch nicht, dass es die auch in chic mit Winter/Sommer-Kombi gibt.

    Bei uns wird der Kiwa nur von der Großen bei langen Ausflügen benutzt. Die Babyschale hab ich beim 2. gar nicht aus dem Keller geholt…

  8. C

    Liebe Anja, super gut zusammen gefasst und toll das Du bei Nina den Kurs gemacht hast.. Lieben Gruß aus dem Prenzlberg Christiane

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert