Fragen an die Hebamme: Darf man im Wochenbett baden?

Es dauert meist nicht allzu lange, bis sich eine Mutter nach den ersten Babytagen oder -wochen verspannt fühlt. Gründe dafür gibt es viele. Das einseitige Babytragen. Eine gelegentlich unbequeme Stillposition. Oder einfach das nächtliche über Stunden auf einer Seite liegen, weil das Baby so am liebsten stillt. Häufig empfehle ich dann ein Wannenbad zur Entspannung. Auch ohne Rückenschmerzen schlage ich das gerne zur mütterlichen Erholung vor. Denn diese kurze Auszeit im heimischen Badezimmer tut den meisten Müttern gut. Manchmal hat man ja das Gefühl, nicht mal mehr in Ruhe aufs Klo gehen zu können, seit das Baby da ist. Ein Wannenbad, ganz für sich allein, das fühlt sich dann plötzlich wie purer Luxus an.

Meist kommt dann schnell der Einspruch, dass es doch verboten sei, im Wochenbett zu baden. Manche Frauen haben es gelesen. Anderen wurde es so vom Arzt im Krankenhaus gesagt. Die Begründung dafür ist meist der vermeintlich „hochinfektiöse“ Wochenfluss, der auch die stillende Brust infizieren könnte. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war tatsächlich das so genannte Kindbettfieber (Puerperalsepsis) eine der häufigsten Todesursachen für Wöchnerinnen.

Die Todesfälle stiegen übrigens stark an, nachdem Geburt sowie Wochenbett in die Klinik verlagert und vermehrt Ärzte in diesem Bereich tätig wurden. Der Grund war die damals mangelhafte Krankenhaushygiene. Die Hygienemaßnahmen in Kliniken waren völlig unzureichend. So wurden pathogene Keime von anderen Kranken oder sogar von zuvor untersuchten Leichen durch die Hände oder benutzte Instrumente auf die Wöchnerinnenstation verschleppt. Zustände, die es heute glücklicherweise hierzulande nicht mehr gibt.

Worauf Hebammen im Wochenbett achten

Die Mär vom hochinfektiösen Wochenfluss (Lochien) hält sich dennoch bis heute. Bei den Lochien handelt es sich um ein Wundsekret, das aus Blut, weißen Blutkörperchen, seröser Flüssigkeit und Vaginalsekret besteht. Anfangs können auch Reste von verbliebenen Eihäuten und der Gebärmutterschleimhaut beigemengt sein. Bei den im Wochenfluss enthaltenen, nicht krankmachenden (apathogenen) Keimen handelt es sich um ganz normale Scheidenbakterien. Tatsächlich aber ist der Wochenfluss ein guter Nährboden für Keime, wenn hygienische Maßnahmen wie der regelmäßige Wechsel der Vorlagen und eine entsprechende Intimhygiene nicht beachtet werden. Aber er ist nicht generell mit Krankheitserregern durchsetzt.

Eine Infektion zeigt sich charakteristisch an Symptomen wie Fieber, plötzlichem Versiegen des Wochenflusses, einer stagnierende Gebärmutterrückbildung, einem extrem unangenehmen Geruch der Lochien oder auch an starkem Kopfschmerz oft im Stirnbereich auftretend bei der Wöchnerin. Alles Dinge, auf die die Hebamme beim Wochenbettbesuch achtet. Somit kann der normale, also nicht infektiöse Wochenfluss auch nicht zur Brustentzündung führen, wenn Unter- und Oberkörper bei einem Vollbad im gleichen Badewasser sind. Am häufigsten wird eine Mastitis durch den Erreger Staphylococus aureus aus dem Mundbereich des Kindes verursacht. Die Lochialkeime spielen dabei keine Rolle.

Allerdings sind sehr wunde und verletzte Brustwarzen immer eine gute Eintrittspforte für Keime aller Art. In diesem Fall sollte besser auf ein Vollbad verzichtet werden, bis diese abgeheilt sind. Damit Brustwarzen generell durch das Baden nicht zu sehr aufweichen, empfehlen viele Hebamme vorab etwas Wollfett (Lanolin) aufzutragen. Stark riechende Badezusätze können übrigens Babys irritieren. Auch auf diese sollte zunächst besser verzichtet werden.

Sitzbäder und Luftbäder

Wie sieht es aus, wenn eine Geburtsverletzung vorhanden ist? Bei Schmerzen und Wundheilungsstörungen kann ein Sitzbad eine lindernde Wirkung haben. Darüber hinaus ist natürlich auch eine medikamentöse Schmerztherapie möglich. Die Hebamme berät, welche Medikamente hilfreich und mit dem Stillen vereinbar sind. Ein Sitzbad sollte nicht zu lange dauern, damit der Wundbereich nicht zu sehr aufweicht. Bei genähten Verletzungen kann es sinnvoll sein, je nach Nahtmaterial zunächst zwei bis fünf Tage abzuwarten.

Für das Sitzbad eignet sich im circa 37 Grad warmen Wasser ein Extrakt aus Eichenrinde oder Calendula. Auch Totes-Meer-Salz mit ätherischen Ölen wie Lavendel, Kamille blau oder Scharfgarbe gemischt ist sehr wohltuend. Bei ätherischen Ölen kann es allerdings in zu hoher Konzentration zu Irritationen im Wundbereich kommen, weshalb diese vorsichtig dosiert werden sollten. Anschließend fördert noch ein Luftbad des Wundbereiches die Heilung. Dafür kann sich die Wöchnerin einfach auf eine wasserfeste Unterlage „unten ohne“ aufs Bett legen.

Wenn noch kein Sitzbad möglich oder gewünscht ist, kann die Wöchnerin eine entsprechende Spülung machen. In den ersten Tagen ist das Sitzen für viele Frauen ohnehin nicht so angenehm. Der Wundbereich ist noch geschwollen und ein Sitzbad könnte dies eventuell sogar verstärken. Doch das regelmäßige Spülen mit lauwarmen Wasser bei jedem Toilettengang ist sehr wohltuend. Zudem verdünnt die Spülung beim Wasserlassen den Urin, was das brennende Gefühl deutlich reduziert.

Keine Extra-Wellness-Zeit für die Mutter

Doch weder Spülungen noch Sitzbäder sollten – wenn auch wohltuend – als Extra-Wellness-Zeit für die Mutter gewertet werden. Sie sind eher eine medizinisch notwendige Behandlung. Das Vollbad bei Kerzenschein mit dem Lieblingsbuch hat da schon wesentlich mehr Auszeit-Potenzial. Und wie oben erwähnt müssen Mütter nicht drei bis fünf Wochen, der Zeitraum in dem der Wochenfluss läuft, oder gar die gesamte achtwöchige Wochenbettzeit darauf verzichten.

Bei einem Kaiserschnitt sollte man solange abwarten, bis die Narbe gut geschlossen und die primäre Wundheilung erfolgt ist. Wer besorgt ist, das dies noch nicht der Fall ist, fragt einfach die betreuende Hebamme. Oft wird aber auch in der frühen Wochenbettzeit nach einem Kaiserschnitt die Sitzposition in der Badewanne als noch zu unangenehm empfunden.

Wenn einem also in der Klinik oder an anderer Stelle erzählt wird, dass Baden im Wochenbett verboten sei, einfach noch einmal nachfragen. Auch die Hebamme wird in den allermeisten Fällen bestätigen, dass keine Gründe vorliegen, die dagegen sprechen. Dann gebt eurem Partner oder einer anderen lieben, vertrauenswürdigen Person das satte Baby in die Arme und taucht mal kurz ein bisschen ab aus dem trubeligen Babyalltag. Und wer keine Badewanne zu Hause hat: Manchmal hat schon das in Ruhe im Wochenbett duschen dürfen einen Effekt wie es früher ein Wochenende im Wellnesshotel hatte.

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