Komplette Saugverwirrung im Wochenbett

Dies ist der 19. Beitrag in unserer Reihe „Stillen ist bunt“ (alle weiteren findet ihr gesammelt hier), in dem das Stadtkind Petra ihre Stillgeschichte erzählt.

Die 34-jährige Doktorandin lebt in einem Stadtteil, der von Familien geprägt ist. Sie ist verheiratet und hat einen fast zwei Jahre alten Sohn, „der gerne alles auf den Kopf stellt und den größten Teil seiner Stillzeit Zähne hatte, da er mit drei Monaten angefangen hat“, schreibt sie. „Und seit drei Wochen sind auch alle Zähne da 🙈.“ Einen privaten Blog hat sie auch und bei Instagram kann man ihr unter junotears folgen.

Der Stillstart von Petra war so ganz anders als gedacht. Auch von fachlicher Seite gab es kaum Unterstützung. Hier erzählt Petra, wie sie dennoch immer wieder neue Stillkrisen gemeistert hat.

Eine ganz persönliche Entscheidung

Was hast du vor deiner Schwangerschaft über das Stillen gedacht bzw. welche Erfahrungen mit dem Thema gemacht?
Vor meiner Schwangerschaft habe ich mir, um ehrlich zu sein, nicht allzu viele Gedanken um das Thema Stillen gemacht. Ich bin jemand, der einen Schritt nach dem anderen macht (zumindest im großen und ganzen) und war eher erstmal auf das Schwangerwerden fixiert. Als das dann endlich mal geklappt hat, konnte ich mich mit dem Stillen und anderen Dingen, die auf mich zukommen würden, auseinander setzen. Im Bezug auf andere Mütter und wie es bei denen mit dem Stillen ist, war (und bin ich auch immer noch) der Meinung, dass es irgendwie zum Mutterdasein gehört. Wobei ich es auch irgendwie verstehen kann, wenn eine Mutter nicht stillt, da es vielleicht nicht unbedingt für jeden etwas ist. Und es ist auch eine ganz persönliche Entscheidung, in die man nicht reinreden sollte… auch wenn Muttermilch das beste für das Kind ist.

Wie hast du dich vor der Geburt über das Thema informiert? Gab es Wünsche und Vorstellungen in Bezug auf die vor euch liegende Stillzeit?
Ich habe das Stillbuch von Hannah Lothrop gelesen, habe im Geburtsvorbereitungskurs davon natürlich auch gehört und mit meiner Hebamme darüber gesprochen. Im Nachhinein denke ich, dass ich vielleicht ein wenig zu blauäugig an das Stillen heran gegangen bin (schließlich sollte ja eigentlich jede Mutter stillen können und so kompliziert kann es ja nicht sein… dachte ich – und so wurde es einem auch immer wieder gesagt. Ich habe wohl einfach nicht daran gedacht, dass die Umstände anfangs vielleicht nicht immer so sind, dass es einfach wird. Ich wollte die Stillzeit einfach locker angehen und genießen und mein Baby so lange stillen wie es wollte.

Wie verlief der Stillstart und wie ging es dir und Deinem Baby dabei? Welchen Einfluss hatte die Geburt auf eure ersten Stillmomente?
Um die Frage zunächst kurz zu beantworten: Holprig, ich war mit meinen Nerven am Ende, mein Sohn hat meine Brust nur angeschrien und die Geburt hatte einen ziemlich großen Einfluss auf unsere ersten Stillmomente.

An der Brust gab es nur Geschrei

Und die längere Version: Mein Sohn kam nach einer Woche mit sehr wenig Schlaf, da es nachts immer nur Wehen gab (leichte Wehen), zwei Tage nach dem errechneten Termin letztendlich per Notkaiserschnitt auf die Welt, da seine Werte nicht so wirklich gut waren. Ich wurde nach dem Kaiserschnitt noch einige Zeit wegen eines Gebärmutterhalsrisses operiert und konnte ihn erst Stunden später das erste Mal anlegen. Mein Mann wurde im Krankenhaus so lange damit verunsichert, dass mein Sohn zu schlechte Blutzuckerwerte hätte, sodass zugefüttert werden musste. Außerdem war er klein und schwach und musste sich nach der Geburt auch erstmal erholen, weshalb er eigentlich nur geschlafen hat.

Irgendwie sind wir da in so einen kleinen Teufelskreis geraten und von den Krankenschwestern kam keine wirkliche Unterstützung. Für die meisten war gefühlt Zufüttern die Antwort. Froh war ich über die Stillberaterin, da sie uns immer wieder Mut gemacht hat und es zusammen mit ihr auch immer irgendwann geklappt hat. Nur halt nicht alleine. Stolz war ich besonders, als ich am dritten Tag auch tatsächlich den Milcheinschuss hatte (weil er so hart erkämpft war).

Wie lief das Stillen im Wochenbett? Hattest du in dieser Zeit Unterstützung?
Das Stillen im Wochenbett verlief trotzdem eher mies. Mein Sohn hatte eine komplette Saugverwirrung und an der Brust gab es nur Geschrei, weil er es nicht geschafft hat, etwas rauszubekommen. Wir hatten Stillhütchen (mit denen es eher lief als ohne), dazu Abpumpen und Pumpstillen und den ganzen Zirkus. Ich hatte extrem viel und tolle Unterstützung von meinem Mann und meiner Hebamme. Aber mit dem Stillen wollte es trotzdem nicht klappen. Immer nur Geschrei, wenn ich es alleine probierte ihn anzulegen. Wenn meine Hebamme dabei war, hat es allerdings doch meistens geklappt.

Nach sieben Wochen kam der Durchbruch

Ich hab an mir gezweifelt und mehr als einmal überlegt, einfach alles hinzuschmeißen, da es mit dem Pumpstillen auf Dauer auch nicht gehen würde. Nach etwa sechseinhalb bis sieben Wochen kam der Durchbruch: Von einen Moment auf den anderen klappte es und ein bisschen danach konnten wir dann auch die Flasche sein lassen. Richtig zufrieden war ich allerdings nicht, da ich (noch) kein Vertrauen hatte, ob er satt wird und ich mich (noch) zu sehr an ihn „gekettet“ und gar nicht mehr frei fühlte.

Wer war bei Fragen oder Problemen in der Stillzeit für Dich da? Wer oder was hat Dir besonders gut bei etwaigen Schwierigkeiten geholfen?
Meine Hebamme, die mir wirklich immer wieder Mut gemacht hat. Und besonders auch mein Mann, der mir auch immer wieder Mut gemacht hat, mich in allen meinen Entscheidungen unterstützte und mir einfach den Rücken frei gehalten hat. Er hat sich im Internet dumm und dämlich nach irgendwelchen Mut machenden Geschichten gesucht.

Wie verlief der Beikostbeginn? Welche Erwartungen gab es? Und wie hat sich das Stillen in dieser Zeit verändert?
Meine Erwartung war zu diesem Zeitpunkt folgende: „Wir gehen den Breifrei-Weg, also wird es noch dauern, bis ich mit dem Stillen aufhören werde“ – was zu diesem Zeitpunkt aber auch nicht mehr schlimm war. Vor der Geburt dachte ich: „Ich stille so lange wie er möchte“. Danach während der Saugverwirrung dann: „Ich will nicht mehr stillen und das Pumpstillen geht sowieso nur noch während der Elternzeit meines Mannes (die ersten beiden Monate), länger halte ich es alleine nicht durch.“ Als es funktionierte, dachte ich dann: „Drei Monate und dann kann man ja Premilch geben.“ Kurz darauf dann: „Okay, ist doch nicht so schlimm, die sechs Monate und dann Beikoststart mit Brei und dabei Abstillen geht doch auch.“ Und kurz danach (noch deutlich vor dem Beikoststart) dann wieder: „Ich stille so lange wie er will.“

Weiter nach Bedarf gestillt

Leicht vom Thema abgekommen… also die Erwartungen an das Essverhalten meines Sohnes waren eher so, dass er erst mal probieren wird, wie das Essen am besten auf den Boden fliegt und irgendwann wird auch schon noch was in den Mund wandern. Ich lag mit meinen Erwartungen noch nie so weit daneben, wie in dieser Beziehung. Unser Sohn hat sehr früh (also früh in Bezug auf die Beikosteinführung… die Beikostreifezeichen kamen auch „erst“ alle mit sechs Monaten) ziemlich gute Mengen gegessen, von denen er auch theoretisch satt wurde. Trotzdem änderte sich nicht viel am Stillen. Vielleicht wurde es minimal weniger, aber ich habe keine Ahnung, da ich ihn weiter nach Bedarf gestillt habe.

Wie verlief der Abstillprozess bzw. welche Wünsche oder Vorstellungen hast du in Bezug auf diese Zeit?
Wir näherten uns so langsam seinem ersten Geburtstag. Eigentlich dachte ich schon so langsam mal ans Abstillen. Mit eins sollte er in die Kita und ich wollte wieder arbeiten. Tagsüber habe ich ihn sanft im Monat zuvor abgestillt. Nachts wollte ich ihn nach der Kitaeingewöhnung auch so sanft abstillen. Hier wurde mir allerdings auch ein Strich durch die Rechnung gemacht. Es war mitten während der Eingewöhnung, das letzte Stillen vor dem Einschlafen war schon länger kein Thema mehr, da er auch von meinem Mann ins Bett gebracht wurde und der konnte ihn ja auch nicht in den Schlaf stillen. Eine Nacht hatte er das Stillen auch nicht mehr eingefordert. Die Nacht danach hatte ich ihn noch einmal gestillt, aber das war auch eher, weil ich am platzen war und auch aus Gewohnheit. Aber das war das letzte Mal Stillen mit ihm ;(

Was war oder ist das Schönste für dich am Stillen?
Die Kuschelzeit mit ihm, die Nähe, das ich ihn so einfach ernähren konnte und… ja… auch die Tatsache, dass er so zumindest nachts und teilweise auch am Tag gut in den Schlaf fand.

Eher auf mein Gefühl hören

Was war am schwersten oder belastendsten für dich in der Stillzeit?
Eindeutig der Anfang. Ich hatte mehr als einmal daran gedacht, alles hinzuwerfen, da ich neben der Saugverwirrung auch noch an der Geburt und den Stunden danach geknabbert habe. Aber ich gehöre nun mal nicht so zu den Leuten, die einfach etwas hinwerfen können, ohne alles gegeben zu haben.

Was würdest du in einer weiteren Stillzeit anders machen? Was ist deine wichtigste Erkenntnis in Bezug auf das Stillen, die du anderen Müttern weitergeben würdest?
Ich würde mit mehr Selbstbewusstsein an das Thema herangehen und versuchen, dass uns nicht so viele reinreden und eher auf mein Gefühl zu hören. Inzwischen weiß ich ja, dass ich stillen kann und das mein Baby auch davon satt wird und ich ihm oder ihr in dieser Beziehung auch vertrauen kann. Und wieder auf Stillberaterinnen und Hebammen hören!

Was ich außerdem noch weitergeben möchte: Stillen kann anfangs ziemlich hart sein. Und einige von euch würden es wahrscheinlich auch am liebsten hinschmeißen wollen. Aber ihr könnt es schaffen. Vertraut euch und eurem Baby und sucht euch Unterstützung, wenn es nicht klappt (oder lasst euren Partner für euch suchen).

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Kommentare

2 Antworten zu „Komplette Saugverwirrung im Wochenbett“

  1. P
    Petra

    Hey,
    Ich bin die Petra aus dem Beitrag (mir ist gerade übrigens aufgefallen, dass es einen kleinen Fehler in dem Bericht gibt: ich bin ein Dorfkind, das jetzt aber schon seit einigen Jahren in Städten lebt) und wollte nur mal da lassen, dass es beim zweiten Kind jetzt total anders ist. Das Stillen klappt wunderbar (war diesmal aber auch kein Kaiserschnitt + längere OP und ich konnte es fast sofort anlegen) und es ist einfach nur entspannt 🙂
    Liebe Grüße

  2. E
    Elisabeth

    Wir hatten einen ähnlich schwierigen Beginn, allerdings war das Personal im Krankenhaus wirklich bemüht, uns das stillen zu ermöglichen. Geklappt hat es dennoch erst später. Es hat wirklich gerade am Anfang wirklich viel mit durchhalten und dem eisernen Willen, es zu schaffen, zu tun!

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