Wochenbettwissen: Schwangerschaftsheimweh – und was dagegen hilft

Über das Gebärmutterheimweh von Babys habe ich an dieser Stelle schon häufiger geschrieben. Doch auch Mütter vermissen manchmal die Bauchzeit mehr als zuvor gedacht. Das letzte Schwangerschaftsdrittel wird auch als „Phase der Anstrengung“ bezeichnet. Und in der Tat wird alles ein wenig anstrengender, wenn der Bauch immer größer und damit die Beweglichkeit doch für so einige Mütter immer kleiner wird.

Gleichzeitig ist man so schwanger wie noch nie. Kein Wunder, immerhin trägt man einen fast komplett fertigen Menschen in sich. Man spürt diesen kleinen Menschen von außen und von innen. Man spürt, wie das Baby auf die eigenen Bewegungen und Berührungen reagiert. Und noch immer denke ich nach bald zwanzig Hebammenjahren: „Mehr Wunder geht eigentlich nicht“, wenn ich den durch den schwangeren Bauch einer Mutter mit ihrem Baby Kontakt aufnehmen darf.

Und natürlich gehören für gar nicht wenige Frauen Schlaflosigkeit, unfreiwilliger Harnverlust, Schmerzen, Krampfadern, Hämorrhoiden und diverse andere Beschwerden mit in diese Zeit. Einige genießen diese besonderen letzten Schwangerschaftswochen dennoch. Andere wiederum sehnen dringend die Geburt herbei und weinen der Schwangerschaft keine Träne nach.

Jede Mutter empfindet anders

Viele Frauen haben auch einfach Glück und gehen ohne oder mit nur sehr kleinen Beschwerden durch die Schwangerschaft. Und ja, es ist oft viel mehr Glückssache bzw. abhängig von genetischen Faktoren, ob bestimmte Beschwerden auftreten oder auch nicht. Manches lässt sich sicherlich durch die Ernährung oder ein Bewegungstraining beeinflussen. Oder mit verschiedenen Maßnahmen und Behandlungsangeboten lindern. Vieles aber eben auch nicht.

Deshalb sind allgemein daher gesagte Phrasen im Kontext Schwangerschaft immer ein bisschen schwierig. Ich habe mich persönlich nie angesprochen gefühlt, wenn die Schwangerschafts-App mir ab Woche 38 erzählte, dass ich bestimmt froh bin, dass es nun nicht mehr lange dauert. Denn ich war gerne schwanger und fast ein bisschen enttäuscht, dass sich das erste und das vierte Kind schon einige Tage vor dem ET auf den Weg machten.

Natürlich ist dieser errechnete Termin immer nur ein Anhaltspunkt und kein Geburtstermin, aber 40 Schwangerschaftswochen hätte ich doch gerne mindestens in diesem Zustand verbracht. Kind zwei und drei haben das durch ihre spätere Ankunft wieder ein bisschen ausgeglichen. Doch selbst bei ihnen habe ich nicht total sehnsüchtig den letzten Schwangerschaftstag herbeigewünscht, sondern diesen besonderen Zauber der Tage nach dem ET die meiste Zeit einfach genossen. Für andere Frauen wiederum ist jeder Tag mehr eine Qual. Oder sie haben einfach keine Lust mehr auf die mit der weit fortgeschrittenen Schwangerschaft zunehmenden körperlichen Einschränkungen. Das Empfinden jeder Mutter, aber auch jede Schwangerschaft selbst ist da sehr verschieden.

Schwangerschaftsheimweh im Wochenbett mildern

Wenn man also gerne schwanger war, wird man nach der Geburt der Zeit mit Bauch sicherlich etwas mehr nachweinen. Auch wenn die Geburt ja eine Art Übergangsritual ist, kommt der Kopf manchmal nicht so schnell hinterher. Und obwohl man sein Kind glücklich im Arm halten darf, verspürt man doch eine Art Schwangerschaftsheimweh. So eine Sehnsucht und so einen kleinen oder großen Abschiedsschmerz, dass diese Lebensphase mit diesem Kind im Bauch nun unwiederbringlich vorbei ist.

Vielleicht macht man sich selbst sogar kleine oder große Vorwürfe, diese Zeit nicht genug zelebriert zu haben. Selbst in Zeiten täglicher Selfies wurden gefühlt trotzdem immer zu wenig Bauchbilder gemacht. Wurde zu wenig aufgeschrieben. Zu selten einfach nur dagesessen und der Bauch mit seinem Kind darin gestreichelt.

Während die eine Mutter froh ist, die Schwangerschaftskleidung endlich aus dem Schrank werfen zu können, ist für andere Mütter dieser Zeitpunkt viel zu früh gekommen. Und wenn das Schwangerschaftsheimweh präsent ist, ist es da. Es lässt sich nicht weg diskutieren. Oft sind diese Emotionen ungleich höher, wenn Mütter sich sehr sicher sind, dass nach diesem Baby kein weiteres Kind mehr kommen wird. Dann ist es nicht nur ein Abschied von dieser Schwangerschaft, sondern generell von der Lebensphase, in der wir unsere Kinder erwarten und in unserem Bauch wachsen lassen. Und es ist vor allem im Wochenbett aber auch in jedem anderen Zeitpunkt im Leben wichtig und gut, den Gedanken und Gefühlen dazu Raum zu geben.

Übergang von der Babybauchzeit ins Hier und Jetzt

Trotzdem gibt es ein paar Anregungen, die das Schwangerschaftsheimweh im Wochenbett gut begleiten können:

  • Deine Gefühle sind in Ordnung. Du darfst froh darüber sein, dass die Schwangerschaft endlich vorbei ist. Und du darfst stattdessen oder auch gleichzeitig traurig darüber sein, dass die Schwangerschaft schon vorbei ist. Das klingt paradox, aber so sind die Gefühle nach der Geburt und so dürfen sie sein. Sprich mit Menschen darüber, die dir einfach zuhören und deine Gefühle anerkennen und nicht klein reden oder bewerten. Also mit deinem Partner oder deiner Partnerin, deiner Hebamme oder einer Freundin, die das vielleicht auch kennt.
  • Viel Nähe und Hautkontakt mit deinem Baby helfen euch beiden beim Übergang von der Babybauchzeit ins Hier und Jetzt. Zieh dein Baby aus und leg es dir auf den nackten Oberkörper. Decke euch und zu und macht es euch gemütlich. Erzähle deinem Kind von deinen Gedanken oder deinen Erinnerungen an die Schwangerschaft. Und dann lass das Oxytocin und vielleicht auch die Tränen fließen.
  • Der Bauch fühlt sich für alle Frauen nach der Geburt seltsam leer und instabil an. Sei liebevoll mit deiner Köpermitte und behalte zum Beispiel das abendliche Einöl-Ritual aus der Schwangerschaft bei. Vielleicht ist es angenehm für dich, wenn dir deine Hebamme eine sanfte Bauchmassage gibt. Diese regt gleichzeitig die Rückbildung der Gebärmutter und die Verdauung an. Diese kann auch von deinem Partner oder deiner Partnerin durchgeführt werden. Oder wenn es dir angenehmer ist, massierst du dir selbst den Bauch. Auch Wärme zum Beispiel durch das Auflegen eines Kirschkernkissens kann sich angenehm anfühlen.
  • Sag deinem leeren, weichen und vielleicht auch knitterigen und mit Schwangerschaftsstreifen überzogenen Bauch Danke dafür, dass er dein Kind gut und sicher getragen und darin wachsen lassen hat. Quäle dich nicht mit zu enger unpassender Kleidung. Investiere ruhig in eine Zwischengröße, wenn die Schwangerschaftskleidung zu groß und die alte Kleidung zu eng ist. Alles was dir hilft, dich wohl zu fühlen, ist gut.
  • Das Tragen des Babys ist ein bisschen die Fortführung der Schwangerschaft. Dein Baby lindert so sein Gebärmutterheimweh und du ein bisschen dein Schwangerschaftsheimweh. Mit einer Tragejacke über deinem Tragling siehst du wahrscheinlich sogar noch schwanger aus, wenn da nicht der kleine Kopf oben rausschauen würde. Aber das Gefühl wird dir sehr vertraut erscheinen, wenn du dein Kind gut an dich gebunden trägst.
  • Finde die Tragevariante, die sich für dich richtig gut anfühlt. Jedes Tuch, jede Bindetechnik, jede Tragehilfe hat ihre eigenen Besonderheiten. Vielleicht lasst ihr euch den Besuch einer Trageberaterin im Wochenbett schenken. Gemeinsam könnt ihr so verschiedene Optionen ausprobieren und die passende Tragevariante finden. Je wohler du dich dabei fühlst, umso schöner ist das Tragen.
  • Entscheide nach deinem Gefühl, wer außer deinem Partner oder deiner Partnerin noch das Baby auf den Arm nehmen darf. Für manche Frauen fühlt es sich richtig an, wenn auch andere ihr Kind halten. Andere wiederum können das schwer aushalten. Ein Aushalten sollte es niemals sein, sondern du solltest dich gut fühlen mit allen Entscheidungen die du als Mama triffst.
  • Genieße die wiedergewonnen Beweglichkeit. Bauchschläferinnen wissen, was gemeint ist. Aber auch im Alltag geht vieles wieder einfacher. All dies sind kleine Schritte, deinen Körper nach und nach wieder zurückzugewinnen, nachdem du ihn viele Monate mit deinem Kind geteilt hast. Auch ein Wochenbettmassage, die nicht nur den Bauch, sondern auch deinen Rücken, Arme und Beine mit einbezieht, kann wunderbar dabei helfen, mit dem veränderten Körpergefühl umzugehen. Idealerweise findet diese bei dir zu Hause statt. Schau einfach mal, welche Optionen es dafür in deiner Gegend gibt.
  • Wenn die Geburt anders als erhofft verlaufen ist oder dein Kind zu früh oder krank geboren wurde, kann der Übergang von der Schwangerschaft zum Wochenbett schwierig sein. Bei einem Kaiserschnitt in Vollnarkose schläfst du schwanger ein und wachst auf, wenn das Kind schon geboren ist. Das braucht oft Zeit, Raum und eine einfühlsame Begleitung, um verarbeitet zu werden. Das Bonding-Bad nach Brigitte Meissner kann ein unterstützendes Ritual nach einem schwierigen Start ins Leben sein. Achte gut auf dich und schau, ob und welche weitere Unterstützung dir bei der Verarbeitung helfen können.

Dieser Beitrag wurde aktualisiert im April 2021.

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Kommentare

7 Antworten zu „Wochenbettwissen: Schwangerschaftsheimweh – und was dagegen hilft“

  1. M
    margarete audrey

    Danke, dass tut grad so gut, dss zu lesen. Ich habe gerade sher starkes Schwangerschaftsheimweh, dabei ist unsere Jüngste ersr 4 Monate alt und sogar schon unser 5. Kind. Ganz bewusst haben wir uns dafür entschieden, dass es sich ausgekindert hat. Ich war sehr gerne schwanger und fand auch 4 meiner 5 Geburten ganz zauberhaft. Vielleicht liegt es daran. Danke auf jeden Fall für das Teilen deiner Erfahrungen!

  2. S
    Sarah

    Kenne ich absolut, dieses Schwangerschaftsheimweh. Komischerweise war es bei mir beim ersten Kind am größten. Vielleicht hatte ich da einfach auch noch mehr Zeit mir darüber überhaupt Gedanken zu machen. Bei Nummer drei, war es jetzt so gut wie nicht vorhanden. Auch vielleicht deshalb, weil die Familienplanung jetzt wahrscheinlich abgeschlossen ist. Ich bin nicht mehr neidisch auf jede Schwangere die ich sehe, wie es vorher der Fall war.

    1. L
      Lisa Braun

      Ich danke dir von Herzen für diesen wunderbaren Text
      Jetzt weiß ich dass sowas auch bei anderen vorkommt und ich nicht „unnormal“ bin.
      … und auch danke für die Kommemtare. Da konnte ich noch sooo vieles weitere raus ziehen (habe nämlich auch das Gefühl das mein Bauch im Baby jetzt „weg ist“ und ich nun ein neues und anderes Baby habe)
      DANKE ❤️

    2. L
      Lena

      Der Text ist so wundervoll. Ich bin so gerne schwanger und dieses „Bauchvermissen“ habe ich besonders bei unserer kleinen Tochter ganz intensiv gehabt, zumal ich nich wusste, ob nach ihr noch ein Kind kommen darf. Es hat sehr gedauert bis ich sie dann wirklich für mich annehmen konnte, ohne sie in meinem Bauch zu vermissen. Bald ist sie 1 und ich freue mich darauf hoffentlich bald noch einmal wundervoll schwanger zu sein.

  3. L

    Ich war nie gerne schwanger, ich wollte immer nur, dass es vorbei ist. Aber: Während man schwanger ist, macht man sich ja unweigerlich seine Vorstellungen über das Kind, das da kommt. Das entspricht selbstverständlich selten der Realität. Und so sehr man sich auch über das Kind freut, das man bekommt – das Kind, das man sich vorgestellt hat, ist verloren. Ich finde, das spielt auch eine Rolle.

  4. C
    Christina

    Danke für die schönen Wortet! Ich hab so Sehnsucht nach der Schwangerschaft (morgen 11 Monate her), vermisse die Tritte und bin neidisch auf jede Schwangere die ich sehe!
    Was sicherlich auch daran liegt, dass ich einen ganz kleinen Bauch hatte und es lange gedauert hat bis ich offensichtlich schwanger war und mein Kind auch noch 2½ Wochen vor dem ET kam. Wie gemein 😉
    Dieser Zeit fühle ich mich etwas beraubt.

    Gleichzeitig freu ich mich auf die nächste Schwangerschaft, denn mit „nur“ einem Kind sind wir noch nicht ganz fertig mit der Familienplanung.
    Aber es wird eben nicht so herrlich-rosarot-verliebt wie beim ersten sein da ich großen Respekt vor der Zeit nach der Geburt hab. Die war nämlich alles andere als schön. Da ist man beim ersten Mal noch so wunderbar naiv bevor einem beim 2. die Realität fest im Griff hat.

    Vielen Dank also für den schönen Text, der mir aus der Seele spricht! 🙂

  5. A
    Anneke

    Liebe Anja,
    die beschriebenen Gefühle kann ich so nachvollziehen. Insbesondere nach der Geburt meines dritten (und wohl letzten) Kindes, ging es mir sehr schlecht. Eine Mischung aus Trauer, Vorwürfen, schlechtem Gewissem aber natürlich auch riesen Freude und Liebe über und für meinen Sohn.
    Und selbst heute, 1,5 Jahre später, trifft mich der Schmerz manchmal noch stark.
    Ich habe damals mit meiner betreuenden Hebamme sprechen können und noch ein weiteres ziemlich „spirituelles“ Gespräch mit einer weiteren Hebamme aus „unserem“ Geburtshaus führen können. Das tat gut! Sie gab mir übrigens den Tipp, den Abschied von der Schwangerschaft nochmal bewusst vorzunehmen, z.B. dadurch etwas Symbolisches zu beerdigen oder zu verbrennen.
    Vielen Dank für den schönen Text

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