Immer wieder erlebe ich als Hebamme, wie der Kaiserschnitt verurteilt wird – von Frauen, Müttern, Familien oder auch Fachpersonen. Ich bin jedes Mal erschrocken, wie schnell über den Geburtsweg anderer geurteilt wird.
Dabei ist jede Geburt einzigartig. Und ich bin jedes Mal tief berührt, wenn ein neues Leben auf die Welt kommt – ganz gleich, wie.
Geburtsbegleitung im OP – mit Präsenz und Achtsamkeit
Als Hebamme an einer Uniklinik begleite ich regelmäßig Bauchgeburten: geplant, ungeplant und manchmal auch in Notfällen. Ich spreche mit den Familien über ihre Ängste, Sorgen oder Unsicherheiten. Ich leite sie beim Atmen an, begleite sie durch die Aufregung im OP und gestalte gemeinsam mit der Begleitperson den Moment, in dem das Baby willkommen geheißen wird. All dies geschieht immer mit Ruhe, Wärme und Respekt.
Viele Eltern empfinden einen Kaiserschnitt als „medizinischen Eingriff“ und nicht als Geburt. Und ja – ein OP-Saal wirkt nüchtern, das Team trägt Hauben und Masken, vieles läuft routiniert ab. Doch auch hier kann ein berührender Geburtsmoment entstehen.
Wenn du aufgeregt bist – das ist völlig normal. Wenn du dir Sorgen machst oder Angst hast – sprich darüber. Nimm dir deinen Raum. Alles, was du fühlst, ist berechtigt. Auch wenn es für das Klinikteam Alltag ist, darf es für dich etwas ganz Besonderes sein.
Vorbereitung hilft – und Individualität ist erlaubt
Es kann helfen, sich im Vorfeld Gedanken zu machen: Was ist euch wichtig? Welche Atmosphäre wünscht ihr euch? Was würde euch Sicherheit geben? Ein Geburtsplan kann ein guter Weg sein, Wünsche und Vorstellungen zu sammeln – auch für einen Kaiserschnitt.
Ich erinnere mich an eine Familie, die eine eigene Playlist für den OP erstellt hat. Musik, die ihnen Kraft gibt. Andere wünschen sich, dass das OP-Tuch gesenkt wird, um die Geburt mitzuverfolgen. Manche möchten unbedingt direktes Bonding – oder dass die Begleitperson die Nabelschnur durchtrennt.
Alles ist möglich – solange es mit dem Team abgesprochen ist und den medizinischen und hygienischen Rahmen einhält.
Manche Kaiserschnitte verlaufen ruhig – andere nicht
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen es keine Zeit für Planung oder Vorbereitung gibt. In medizinischen Notfällen zählt jede Minute. Manchmal erleben Mütter die Geburt dann unter Vollnarkose.
Solche Situationen können emotional sehr herausfordernd oder sogar traumatisch sein. Umso wichtiger ist es, dass im Anschluss Raum für Nachbesprechung, Verarbeitung und liebevolle Begleitung bleibt.
Geburt ist Geburt – unabhängig vom Weg. Ob geplant, nach Geburtsbeginn oder unter Notbedingungen: Ein Kaiserschnitt ist eine Geburt. Und jedes Kind hat das Recht, mit Achtsamkeit, Würde und Herzlichkeit empfangen zu werden.
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