Fragen an die Hebamme: Was hilft bei wunden Brustwarzen?

Es lässt sich einiges tun, um wunden Brustwarzen (Mamillen) beim Stillen vorzubeugen. Die Vorbereitung auf eine möglichst beschwerdefreie Stillzeit wird vor allem durch Informationsgewinn über das richtige Anlegen sowie über das kindliche Stillverhalten realisiert.

Trotz aller Aufklärung sind wunde Mamillen immer noch ganz weit vorne bei den Gründen für ein vorzeitiges Abstillen. Vorzeitig meint hier vor allem: Vor jenem Zeitpunkt, an dem Mutter und Kind nach ihrem Ermessen abgestillt hätten. Oftmals sind wunde Brustwarzen sogar der Grund für ein Abstillen in den ersten Tagen oder Wochen nach der Geburt.

Und das ist nachvollziehbar, denn gereizte und verletzte Brustwarzen können sehr große Schmerzen verursachen. Sie tun das in einer Zeit, in der Körper und Seele ohnehin gerade auf dem Kopf stehen. Niemals sollte deshalb in diesem Kontext von „Zähne zusammen beißen“ gesprochen werden. So eine Aussage zeugt weder von Empathie noch ist es die richtige Strategie, einfach „durchzuhalten“. Denn in den meisten Situationen gibt es einen Grund für die wunden Mamillen. Und wenn der nicht behoben wird, werden die Beschwerden in der Regel anhalten.

Auf Ursachensuche für wunde Mamillen

Es gibt diverse Gründe für wunde Mamillen. Es gleicht bisweilen einem Detektivspiel, diese zu finden. Die Ursachen sind vielfältig. In der Anfangszeit ist oft eine nicht korrekte Anlegetechnik die Übeltäterin. Hierbei hat das Baby meist zu wenig Brustgewebe im Mund. Die Mamille ist dadurch so ungünstig im Mund platziert, dass Reibungen und Verletzungen entstehen können.

Beim Milcheinschuss (initiale Brustdrüsenschwellung) kann es durch zu starke Schwellungen für das Baby deutlich erschwert sein, die Brustwarze korrekt zu erfassen. Auch Saugen bei einem unzureichenden Milchfluss kann die Brustwarze zu stark belasten. 

Weitere mögliche Ursachen sind:

  • Besonderheiten im kindlichen Mundraum: hoher Gaumen, verkürztes Zungen- oder Lippenband
  • Besonderheiten bei der Mamillenform 
  • Vasospasmus
  • Brustsoor (Candida-Infektion)
  • Inkorrekte Verwendung von Stillhilfsmitteln, z.B. nicht passender Aufsatz bei Milchpumpen
  • Druck und zu hohe Feuchtigkeit beim Einsatz von Stilleinlagen
  • Beißen des Kindes
  • Hauterkrankungen oder allergische Reaktionen
  • Unhygienische Eröffnung von Milchbläschen
  • Anwendung von nicht verträglichen Salben, Cremes oder Reinigungsprodukten an der Mamille 

In der Wohlfühlzone

Sehr häufig in der frühen Stillzeit ist suboptimales Anlegen der Grund für eine übermäßige Belastung der Brustwarze und einem daraus resultieren Wundwerden. Auch wenn von außen manchmal „alles gut“ aussieht, liegt im Babymund die Brustwarze doch nicht ganz in der „Wohlfühlzone“. Oft sind es dann nur kleine Veränderungen an der Stillposition, die aber eine große Verbesserung bewirken können.

Generell gibt es bei den Stillpositionen solche – wie zum Beispiel die zurückgelehnte Stillhaltung (Laid back nursing) – die gerade bei Neugeborenen dazu führen, dass das Baby mit all seinen fürs Stillen genutzten Reflexen besonders gut mitarbeiten kann. Wichtig ist aber auch, wie es der Mutter mit einer Position geht. Nicht selten liegt der Fokus beim Stillen sehr auf dem Baby. Die Stillende selbst achtet dann viel zu wenig auf eine für sie entspannte und angenehme Haltung.

Zeitlich muss und soll das Stillen nicht begrenzt werden. Bei einer guten Anlegetechnik spielt die Dauer der einzelnen Stillmahlzeit keine Rolle. Ganz im Gegenteil bewirkt eine (prophylaktische) Reduktion der Stillzeit schnell eine unzureichende Muttermilchproduktion. Das wirkt sich auf den Milchfluss aus – und natürlich auch auf das Gedeihen des Babys.

Mamille im Babymund gefordert

Weiterhin beeinflussen auch Faktoren wie Mundöffnung, Intensität des Vakuumaufbaus, Zungenlage oder auch orale anatomische Gegebenheiten wie sehr die Mamillen im Babymund gefordert werden. Die meisten Mütter nehmen das erste Stillen als überraschend intensiv wahr. Auch eine erhöhte Empfindlichkeit in den ersten Stilltagen liegt im Bereich des Normalen. In der späteren Stillzeit nehmen einige Frauen auch eine plötzliche erhöhte Empfindsamkeit an der Brustwarze wahr, etwa wenn sie menstruieren oder erneut schwanger sind.

Wirkliche Schmerzen, Verformungen, Quetschungen, Risse, Wunden oder der Austritt von Blut oder Wundsekret fallen ganz sicher nicht unter die anfängliche Empfindlichkeit. Hier sollte sich sofort um eine kompetente Stillberatung gekümmert werden. Neben der Ursachensuche- und Behebung ist gleichzeitig die Pflege der gereizten oder verletzen Mamillen wichtig.

Pflege für wunde Mamillen 

Auch hier ist weniger oft mehr, denn es gibt etliche Hausmittelchen für wunde Brustwarzen. Für die meisten existiert kein Wirkungsnachweis, bei einigen aber ein breites Erfahrungswissen. Dennoch sind solche Maßnahmen immer gut zu hinterfragen. So schwören nicht wenige stillende Mütter (und bisweilen auch Fachpersonen) auf Schwarzer-Tee-Kompressen. Während einige von einer Unterstützung bei der Wundheilung berichten, sorgt es bei anderen dafür, dass durch die starke Austrocknung das Gewebe noch rissiger wird. Bei wunden Mamillen sollte generell nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung behandelt werden. Das Verstreichen von Muttermilch mit sauberen Händen unterstützt diesen Prozess.

Vorsicht ist also bei Hausmitteln geboten, um die Situation nicht noch zu verschlimmbessern. Das konkrete Vorgehen sollte immer mit Hebamme oder Stillberaterin abgestimmt werden. Der Einsatz von physiologischer Kochsalzlösung zum Reinigen und hochgereinigtem Wollfett (Lanolin) zur Pflege der Mamille haben sich bewährt. Bei Entzündungsanszeichen ist ein Antiseptikum wie Octenisept sinnvoll.

Weitere Maßnahmen sowie der Einsatz von Medikamenten sollte immer fachlich begleitet werden, denn es gibt hier keine Patentrezepte. Auch in der sich aktuell in Überarbeitung befindlichen S3- Leitlinie zur „Therapie entzündlicher Brusterkrankungen in der Stillzeit“ gibt es nicht allzu viele Empfehlungen, weil eben entsprechende Nachweise fehlen oder gar Risiken damit verbunden sind. So wird vom Einsatz von alkoholischen Lösungen, Cremes oder Salben auf Paraffinbasis abgeraten. Die Leitlinie bewertet auch den Einsatz von Brusthütchen zur Therapie wunder Brustwarzen als ungeeignet, da sie fast nie deren Ursache beseitigen. Dennoch kommt es noch oft vor, dass Stillende mit wunden Mamillen Brusthütchen erhalten – auch von Fachpersonal. Sollten diese zum Einsatz kommen, muss unbedingt auf eine korrekte Anwendung und eine gute Stillanleitung geachtet werden.

Entlastung und Unterstützung

Eine Stillpause wegen wunder Mamillen ist in der Regel nicht erforderlich und auch nicht förderlich. Wenn diese in seltenen Einzelfällen erwogen wird, ist unbedingt eine gute Anleitung zum Abpumpen und zum stillfreundlichen Zufüttern notwendig.

Entlastende Maßnahmen für die gereizten oder verletzten Brustwarzen gibt es trotzdem. So kann zwischen den Stillmahlzeiten darauf geachtet werden, dass kein Druck durch Kleidung oder Stilleinlagen die Mamillen zusätzlich reizt. Generell sind in den ersten Tagen nach der Geburt Stilleinlagen nicht empfehlenswert, weil sie die Durchblutung und die Luftzufuhr stark einschränken. Zum Schutz jenseits des Stillens haben sich Brust-Donuts bewährt. Diese können inzwischen fertig gekauft werden, lassen sich aber auch ganz einfach selbst herstellen. Das Europäische Institut für Laktation und Stillen stellt eine gute Anleitung zur Verfügung. 

Der Einsatz von Silber- oder Zinnhütchen in Verbindung mit Muttermilch kann hilfreich sein. Aber auch hier gibt es keine Datenlage, die das bestätigt. Auf jeden Fall gilt es darauf zu achten, dass die Hütchen keinen Druck auf das Gewebe ausüben. Bei einer Silberallergie dürfen Silberhütchen natürlich keine Verwendung finden. Gute Erfahrungen sind auch vom Einsatz des Soft-Lasers durch geschultes Fachpersonal bekannt. In der Regel sind mehrere Laser-Sitzungen erforderlich. Wenn diese nicht bei der Stillenden zu Hause stattfinden, bedeutet es zusätzlichen Stress durch Wege. Die Soft-Lasertherapie ist eine selbst zu zahlende Leistung.

Hygiene und Schmerzlinderung

Angenehmer ist es bei wunden Mamillen vor dem Stillen jeweils durch eine entspannende leichte Brustmassage den Milchspendereflex schon vor dem Anlegen auszulösen. Die weniger schmerzhafte Brust zuerst anzulegen ist hilfreich, ebenso wie das Wechseln der Stillpositionen. Häufiges und ausreichend langes  Anlegen sorgt für einen guten Milchfluss und verhindert, dass das Brustdrüsengewebe zu stark anschwillt, was dem Baby das Anlegen erschweren kann.

Neben den Maßnahmen beim Stillen sowie direkt an der Brustwarze ist es außerdem besonders wichtig, auf die entsprechende Hygiene zu achten. Verletzte Brustwarzen sind eine einfache Eintrittspforte für Keime. So entwickelt sich schneller eine Entzündung der Brust (Mastitis). Regelmäßiges Händewaschen mit Seife ist ebenso nötig wie der hygienische Umgang mit Kompressen oder Stilleinlagen sowie Handtüchern.

Die Stillsituation mit wunden Mamillen ist hoch belastend. Darum ist es natürlich wichtig, dass die Stillende sich entsprechend ausruht, gut mit Essen und Trinken versorgt ist und bei der Pflege des Babys Unterstützung bekommt. Der vorübergehende Einsatz vom Schmerzmitteln kann bei Bedarf durchaus sinnvoll sein. In der Stillzeit ist Ibuprofen das Mittel der Wahl. Die Schmerzmedikation sollte mit der Hebamme, Stillberaterin oder Ärztin abgesprochen werden. Der Einsatz von Schmerzmitteln bis zur Linderung durch Behebung der Ursache kann hilfreich sein, ist aber natürlich keine Dauerlösung.

Stillberatung finden

Neben all den Maßnahmen zur Linderung und Heilung ist und bleibt die Ursachensuche entscheidend. Denn wenn nur die Symptome behandelt werden, kommen Schmerzen und Beschwerden sehr wahrscheinlich immer wieder. Da dies kein Dauerzustand in der Stillzeit ist, wird ein Großteil der Frauen – berechtigterweise – mit dem Abstillen beginnen, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt gerne noch weiter gestillt hätten. Schnelle und kompetente Unterstützung bei Stillbeschwerden ist also unerlässlich, um Müttern ein selbstbestimmtes Stillen und Abstillen zu ermöglichen.

Und manchmal lässt sich in seltenen Fällen trotz bester Unterstützung keine Ursache finden oder keine Besserung der Situation herbeiführen. Aber auch dann sollten Mütter nicht alleine die nächsten Schritte machen müssen. Gut informiert kann gemeinsam der individuell beste Weg gegangen werden – ob mit Pumpstillen, Teilstillen oder Abstillen. Denn hinter jeder wunden Mamille steht eine Mutter mit ihren ganz eigenen Gefühlen und Ressourcen. 

Links und Hilfe bei Stillschwierigkeiten:

Eine Hebamme finden mit der Hebammensuche des Deutschen Hebammenverbandes.

Eine Still- und Laktationsberaterin IBCLC finden beim Berufsverband Deutscher Laktationsberaterinnen.

Stillberatung und Stillgruppen finden beim Europäischen Institut für Laktation und Stillen, beim Ausbildungszentrum für Laktation und Stillen, bei der Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen, beim Deutschen Ausbildungsinstitut für Stillbegleitung oder bei der La Leche Liga.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Fragen an die Hebamme: Was hilft bei wunden Brustwarzen?“

  1. K
    Kati

    Mir hat beim 3. Kind ein Softlaser sehr geholfen. Den kann man mittlerweile auch selbst ausleihen und daheim benutzen, ist nur nicht ganz günstig, hat aber unsere Stillbeziehung gerettet. Ansonsten hatten hier 2 von 3 Kindern ein zu kurzes Zungenbändchen und das Durchtrennen durch einen Oralchirurgen hat beide Male eine wahnsinnige Verbesserung bewirkt. Beim 2. Kind hat das verkürzte Zungenbändchen und die dadurch eingeschränkte Beweglichkeit der Babyzunge bei mir zu einem Vasopasmus der Mamille geführt. Da hat ein Mix aus NEMs ua Vit B6 hochdosiert letztlich geholfen. Bei 3 Kindern hatte ich 3 Mal Startschwierigkeiten, obwohl man spätestens beim 3. denkt, man wüsste, wie der Hase läuft…

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