Stillen ist bunt

Mittlerweile ist es schon über zehn Jahre her, dass ich meine Weiterbildung zur Still-und Laktationsberaterin IBCLC erfolgreich absolviert habe. Immer mit dabei waren Christian und mein erstes Stillkind, denn die Ausbildungswochen fanden nicht in Berlin statt. Ein Satz aus dieser Zeit ist mir über all die Jahre im Kopf geblieben, wenn ich als Hebamme Mütter auf ihrem Weg begleitete: „Stillen ist bunt“, sagte Gabriele Nindl damals zu uns.

Dieser Satz spiegelt so gut die Wirklichkeit der Stillzeit wider. Denn jeder Stillweg ist anders. Und keiner ist besser oder schlechter. Doch manche Wege sind vielleicht leichter, andere dafür schwerer. Stillen heißt nicht nur, das Baby sofort nach der Geburt anlegen zu können, sechs Monate ausschließlich und dann mit ergänzender Beikost bis zum zweiten Geburtstag oder darüber hinaus zu stillen. Und natürlich immer glücklich und entspannt.

Stillen heißt auch, dass bange Tage auf der Intensivstation vergehen, bevor ein Baby überhaupt das erste Mal in die Nähe der Brustwarze seiner Mama kommt. Und weitere Wochen vergehen, bis es zum ersten Mal schafft, daran zu saugen. Stillen bedeutet auch das monatelange Abpumpen und Füttern mit dem Fläschchen. Weil das Baby mit der Lippenkiefergaumensegelspalte auch nach der Operation nicht an der Brust trinken kann.

Vielfältigkeit der Stillzeit

Stillen kann bedeuten, dass mehrere Kinder gleichzeitig stillen. Mal sind es Zwillinge oder Drillinge. Mal auch ein Neugeborenes und ein schon älteres Kind. Manche Mütter haben viel zu viel Muttermilch, andere ringen um jeden Tropfen. Beides kann Probleme verursachen. Manche Kinder werden an der Brust zugefüttert mit einem Brusternährungsset oder einer kleinen Spritze. Andere Kinder bekommen die Milch ihrer Mama aus einem kleinen Becher oder aus dem Fläschchen.

Mal endet die Stillzeit für die Mutter ungewollt vorzeitig, mal sehnt die Mutter das Ende herbei. Manche Kinder werden ein paar Tage, andere ein paar Monate oder auch Jahre gestillt. Manche Kinder kommen auf besonderem Wege in eine Familie und werden dann von ihrer Adoptiv-Mama gestillt. Zum Stillen gehören auch ganz viele Emotionen. Und das sind nicht immer nur Dankbarkeit und Glücksseligkeit im Oxytocinrausch. Auch Angst, Schmerzen, Unsicherheit und Überforderung gehören mit dazu.

Stillen ist bunt. Das sehe ich bei jeder Frau, die ich auf ihrem Weg begleitet habe oder den vielen Müttern, die mit ihren ganz unterschiedlichen Geschichten zu meiner Stillgruppe kamen. Diese Bandbreite liest und sieht man auch auf Blogs oder auf Instagram. Dass Stillen bunt ist, habe ich auch bei meinen vier Kindern erlebt. Keine Stillzeit war wie die andere.

Um die Vielfältigkeit der Stillzeit zu zeigen, möchte ich gerne im Rahmen der Weltstillwoche vom 01. bis zum 07. Oktober 2018 und womöglich auch darüber hinaus auf dem Blog viele verschiedene Stillgeschichten veröffentlichen. Wenn ihr Lust habt, eure Geschichte zu hier erzählen, meldet euch gerne unter hej@vonguteneltern.de. Dann schicke ich Euch meine zehn Fragen zu Eurem Stillweg zu.

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Kommentare

Eine Antwort zu „Stillen ist bunt“

  1. K
    Katrin

    Liebe Anja, ich bin immer wieder so froh über Deine tollen Texte, weil sie mir helfen, mich zu sortieren, mich bestätigen in dem, wie wir zu Hause stillen und mir einfach ein gutes Gefühl bereiten. Mein Kleiner ist jetzt 10,5 Monate alt und meine liebe Schwiegerfamilie, oder sagen wir mal, ein Teil davon, ist der Meinung, ich könnte doch jetzt mal endlich abstillen, es sei doch überflüssig, wenn er schon isst (mal mehr, mal weniger…), es könnte ihn ja vielleicht in seiner Entwicklung hemmen, ihn von mir abhängig machen und überhaupt sei er doch kräftig genug (also könnte ich ja wenigstens das nächtliche Stillen lassen…) Anstrengend ist das und macht mir ein blödes Gefühl. Aber wenn ich mich noch mal besonnen, mit dem Vater des Kleinen gesprochen und was von Dir gelesen habe, geht es wieder. Dann weiß ich, so, wir es handhaben, ist es richtig und gut. Bitte schreibe weiter, mir tut das richtig gut!

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